Andrea Mantegna und die Brauttruhen der Paola Gonzaga
Die Sonderausstellung zeigt rund 100 kostbarste Kunstwerke
Paola Gonzaga war die jüngste Tochter des Markgrafen von Mantua, Ludovico II. Gonzaga und seiner Gemahlin Barbara von Brandenburg, an deren Hof der berühmte Renaissancekünstler Andrea Mantegna berufen wurde.
Standesgemäß wurde Paola zu ihrer Vermählung mit dem Grafen Leonhard von Görz im Jahre 1478 mit einem reichen Brautschatz ausgestattet, der in kunstvoll geschmückten Brauttruhen verwahrt und von ihr in das neue Heim nach Schloß Bruck in Lienz geführt wurde. Die großteils noch erhaltenen Brauttruhen befinden sich heute in Klagenfurt, Millstatt und Graz und sind außerordentliche Zeugnisse oberitalienischer Prachtentfaltung im Bereich des Kunsthandwerks im 15. Jahrhundert.
Die Schauseiten eines Truhenpaares, die sich heute im Kärntner Landesmuseum in Klagenfurt befinden, zeigen in polichromierten und vergoldeten Pastigliareliefs die Trajanslegende. Das zweite Truhenpaar befindet sich im Grazer Dom und fungiert dort heute noch als Behälter der 1617 von Papst Paul V. dem späteren Kaiser Ferdinand II. geschenkten Reliquien. Dieses in reicher Einlegearbeit geschmückte Truhenpaar zeigt in jeweils drei Kassettenfeldern auf Hornplatten fein gearbeitete Elfenbeinreliefs mit den Triumphen Petrarcas.
In ihrer kostbaren Ausführung unterscheiden sich Paolas Brauttruhen von der Mehrzahl der besonders in Florenz schon auf eine lange Tradition zurückgehenden Brauttruhen (cassoni), die neben Vergoldung jedoch meist nur malerischen Schmuck trugen.
Anläßlich der im Jahr 2000 veranstalteten Tiroler Landesausstellung Circa 1500. Leonhard und Paola - Ein ungleiches Paar wurden die beiden Schauseiten mit den Pastigliareliefs in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes unter der Leitung von Manfred Koller restauriert und brachten die beachtliche künstlerische Qualität und vor allem die Nähe zu Werken Andrea Mantegnas neu zur Geltung. Danach wurde auch der in Form und Qualität sehr aufwendige, wenn auch durch Witterung und Wurmfraß stark beschädigte Millstätter Truhenkörper restauriert und für diese Ausstellung im KHM sogar mit der ihn ursprünglich zierenden Schauseite vereint. Damit wird dem Objekt etwas von seiner Pracht zurückgegeben.
Unter der Annahme, daß dem Hofkünstler Mantegna zumindest teilweise die künstlerische Oberaufsicht über Entwurf und Ausfertigung dieser kostbaren Objekte oblag, war es ein besonderes Anliegen, die Brauttruhen erstmals den Werken des Meisters und seines Umkreises gegenüberzustellen: den bedeutenden Gemälden Mantegnas (Hl. Sebastian, Opferung Isaaks, David mit dem Haupte des Goliath, die Serie der Triumphe Cesars nach Mantegna) und Kunstkammerobjekten aus seinem Umkreis wie “Die Grablegung Christi” aus dem Besitz des KHM, aber auch den Zeichnungen und Graphiken der Albertina und des MAK. Darüberhinaus wird die sorfgältige von Johanna Zehetmaier und Erszebet Petsche durchgeführte Restaurierung dokumentiert, ebenso wie die mit Hilfe der Infrarotreflektographie sichtbar gewordenen Pentimenti in der Vorzeichnung der Architekturprospekte. Auch wird der technische Arbeitsvorgang der Anfertigung von Reliefs in Pastiglia visuell veranschaulicht.
Da das Grazer Truhenpaar mit den Trionfi des Petrarca nicht in der Ausstellung präsent sein kann, werden uns zeitgleiche Miniaturen, Stiche und Tapisserien einen Eindruck von ihrer in der Kunst des 15. Jahrhunderts so großen Popularität vermitteln. Auch sollen sie an die hohe, am Mantuaner Hof auch für Frauen selbstverständliche humanistische Bildung erinnern. Paola führte in ihrem Brautschatz neben Juwelen, kostbarer Kleidung, Tapisserien, Tisch- und Bettlinnen auch 14 Bücher mit, darunter Werke von Dante und Petrarca (in der Ausstellung repräsentiert durch zwei kostbare Werke aus der ÖNB), die jeweils auch die dargestellten Themen auf den beiden Truhenpaaren inspiriert hatten.
Information
4. Dezember 2001
bis 7. April 2002