Regierungsantritt in Österreich
   
 
Obwohl Ferdinand schon 1516 in Madrid seinen Entschluß bekräftigt hatte, die Prinzessin Anna Jagiello zu heiraten, und dadurch die Weichen für seinen weiteren Lebensweg in Mitteleuropa gestellt hatte, zögerte sein Bruder Karl jahrelang eine angemessene Erbteilung hinaus. Den ersten, für Ferdinand völlig unbefriedigenden Vertrag schlossen die Brüder 1521 in Worms, den zweiten mit einem annehmbaren Ergebnis 1522 in Brüssel. Damit war die Teilung des Hauses Habsburg in eine spanische und eine deutsche Linie vorgezeichnet. Beide Linien verstanden sich aber gemeinsam als das „Haus Österreich“, die „Casa de Austria“.

Abb.:
Erzherzog Ferdinand, König von Böhmen und Ungarn,
Kunsthistorisches Museum Wien
 
   
  Seit dem Tode Maximilians I. im Jänner 1519 herrschte in den österreichischen Ländern ein Interregnum. Die ständischen Vertretungen wollten diese herrscherlose Zeit nützen, die von Maximilian eingeführte Neuordnung der Verwaltung und Regierung in den Ländern zu unterlaufen. In Niederösterreich führte dies zur Errichtung eines ständischen Regiments unter der Führung von Dr. Martin Siebenbürger, das die maximilianeischen Regierungsbehörden negierte.
   
 
  Nach dem Abschluß des Brüsseler Vertrages nahm Ferdinand, damals kaum des Deutschen mächtig, sofort die Zügel der Regierung in die Hand und hielt nach seiner Vorstellung von modernem Fürstenrecht in Wiener Neustadt ein strenges Gericht über die Führer der ständischen Bewegung.
Abb:
Hinrichtung der Wiener Ratsherren auf dem Hauptplatz von Wiener Neustadt, Detail, 1. H. 18. Jh.
Wr. Neustadt, Stadtmuseum Wr. Neustadt
   
   
 
Ferdinand hielt sich angesichts der religiösen und sozialen Probleme in den eigenen Ländern und wegen der drohenden Türkengefahr für das benachbarte Ungarn kaum irgendwo längere Zeit auf, sondern eilte von Ort zu Ort. Anna begleitete ihn fast immer. Ihre Residenzen waren Wien, Linz, Graz, vorzugsweise aber Innsbruck, wo Anna ihre Jugendjahre verbracht hatte. Von ihren Kindern wurden fünf in Innsbruck, drei in Wien, drei in Prag und zwei in Linz geboren.  
  Abb.:
Kinderbildnisse der ältesten Söhne König Ferdinands und der Königin Anna, Maximilian, Ferdinand und Johann, 1539
Kunsthistorisches Museum Wien
   
  Nach etwa 1535 bevorzugten Ferdinand und Anna die Wiener und die Prager Burg als Aufenthaltsort und errichteten dort die bedeutendsten Bauwerke neuerer Architektur, ließen Gewächshäuser für mediterrane Pflanzen und Stallungen für ihre spanischen Pferde erbauen. Auch die großen Feste mit Musik und Tanz, Jagd und Turnier fanden vorzugsweise in Prag und Wien statt.