Ron Mueck
2016 stellen wir in unserer Ausstellungsreihe zu zeitgenössischer Kunst im Theseustempel das Werk Man in a Boat vor, eine Arbeit des gefeierten australischen Künstlers Ron Mueck, die während eines Stipendienaufenthalts an der National Gallery in London (2000–2002) entstand.
Mueck machte Ende der 1990er Jahre Furore mit seiner detailgetreuen Skulptur eines ausgestreckten nackten Mannes, einer Darstellung seines verstorbenen Vaters (Dead Dad). Die Perfektion dieser Arbeit ist charakteristisch für Muecks Schaffen geworden und verweist auf den ersten Beruf ihres Schöpfers: Bevor er sich ganz der Kunst widmete, war Mueck in der Herstellung von Modellen und Spezialeffekten für Film und Werbung tätig.
Ron Muecks Werk entsteht auf traditionelle Weise; anhand von Fotos, Presseausschnitten oder lebenden Modellen werden plastische Vorstudien geschaffen, die schließlich zu einer Gipsform führen. Für die eigentlichen Werke kommen aber Polyester- und Acrylharze sowie Silikon und Fiberglas-Verbindungen zum Einsatz. Versehen mit Haar und Farbe, erlauben diese Materialien die Gestaltung veristisch anmutender Oberflächen. Zugleich gelingt es Mueck, seinen Figuren einen wirkmächtigen psychologischen Ausdruck zu verleihen. In der irrealen Anmutung ihrer Größenverhältnisse erscheinen sie aber wie Zwischenwesen. Als seien sie einer surrealen Erzählung entnommen, sprechen sie den Betrachter direkt an, beziehen ihn in ihren Raum mit ein und konfrontieren ihn dabei mit Muecks zentralem Thema: dem Körper und der daran gebundenen Bedingtheit des menschlichen Daseins.
Die Ausstellung ist die erste Personale Ron Muecks in Österreich. Sie wurde kuratiert von Jasper Sharp und wird großzügig unterstützt von den Contemporary Patrons des Kunsthistorischen Museums, dem British Council, Anthony d’Offay sowie Hauser & Wirth.
BIOGRAFIE VON RON MUECK
Ron Mueck wurde 1958 als Sohn deutscher Eltern, die beide als Spielzeughersteller arbeiteten, in Melbourne, Australien, geboren. Bereits als Heranwachsender fertigte er, mit Materialien und Techniken experimentierend, Puppen und verschiedene Geschöpfe. Vom Unterricht in der Highschool abgesehen, hatte er keine formelle künstlerische Ausbildung.
Zu Beginn seines Werdegangs schuf er Modelle für Fernsehen und Film, unter anderem für Jim Hensons Labyrinth (Die Reise ins Labyrinth, 1986), ehe er in London seine eigene Produktionsfirma gründete, die Gegenstände für die Werbeindustrie produzierte. 1997 wurde er mit einem Schlag als Künstler bekannt, als seine Skulptur Dead Dad (Toter Vater) in der Ausstellung „Sensation“ an der Royal Academy in London gezeigt wurde, die Werke aus der Sammlung Charles Saatchi vorstellte. Zu sehen waren Ron Muecks Arbeiten in Einzelausstellungen u. a. in der Pinacoteca do Estado de São Paulo, der Fondation Cartier pour l’art contemporain in Paris, der National Gallery of Victoria in Melbourne, dem 21st Century Museum of Contemporary Art in Kanazawa, dem Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington, D.C., der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in Berlin und im Frans Hals Museum in Haarlem. 2001 war er zur Teilnahme an der 49. Biennale di Venezia eingeladen. Ron Mueck lebt und arbeitet in London.
ZEITGENÖSSISCHE KUNST IM THESEUSTEMPEL
2012 begann das Kunsthistorische Museum, den Theseustempel im Wiener Volksgarten für eine Ausstellungsreihe zu nutzen. Der vom kaiserlichen Hofarchitekten Pietro Nobile zwischen 1819 und 1823 errichtete Tempel war ursprünglich als Rahmen und Präsentationsort für ein einziges zeitgenössisches Kunstwerk gedacht: Antonio Canovas monumentale Gruppe „Theseus erschlägt den Kentauren“. Fast siebzig Jahre lang stand diese beeindruckende Skulptur aus weißem Marmor allein im Theseustempel, erst 1890 wurde sie in das neu errichtete Kunsthistorische Museum überführt, wo sie sich noch immer befindet.
Mit dieser neuen Ausstellungsreihe entspricht der Theseustempel nun erneut seiner ursprünglichen Funktion als Ort, an dem bedeutende Werke eines zeitgenössischen Künstlers gezeigt werden.
Im Rahmen der Ausstellungsreihe waren bisher Werke von Ugo Rondinone (2012), Kris Martin (2012), Richard Wright (2013), Edmund de Waal (2014) und Susan Philipsz (2015) zu sehen.
Information
20. April 2016
bis 6. September 2016