Wir sind Helden
Habsburgische Feste in der Renaissance
Popkonzerte, Fußballweltmeisterschaften oder Formel-1 Rennen schaffen die Helden unserer Zeit. Die Kunst, Geschicklichkeit und Tapferkeit ihrer Protagonisten werden vom Publikum stürmisch gefeiert. Dieser Heldenkult weist eine weit zurückreichende Tradition auf: Die Feste der Renaissance waren die Großveranstaltungen ihrer Zeit. Sie wurden immer dann abgehalten, wenn es etwas zu feiern gab: eine Krönung, einen Regierungsantritt, eine Taufe oder eine Hochzeit. Die Plätze der Städte wurden zur Arena, die von Tribünen umgeben der Menge Platz zum Bestaunen der Turnierenden bot. Auf prunkvollen Wagen und geschmückten Pferden zogen die Teilnehmer ein. In waghalsigen Turnieren fochten sie um den Sieg, nicht selten dabei ihr Leben riskierend. Schiedsrichter und Turnierregeln sorgten für Fairness; Musik, Bankett und Tanz bildeten den Rahmen und ein fulminantes Feuerwerk beendete das Spektakel. Im Mittelpunkt standen jedoch die Helden: Seht her, welch edlem Geblüt wir entstammen, wie mutig, unerschrocken und tapfer wir kämpfen!
Um die Auftritte der Helden effektvoll zu zelebrieren, wurde eine ganze Stadt zur Bühne. Dabei spielten berühmte Künstler, wie zum Beispiel Giuseppe Arcimboldo, eine große Rolle: sie entwarfen Kostüme, Festwagen und Festons, oftmals auch Ehrenpforten, die anders als die gemauerten Triumphbögen, nie als feste, bleibende Denkmale errichtet wurden. Die Kulissen und Torbögen bestanden aus Holz, Papier, Pappmaché und Tüchern. Manchmal errichteten die Künstler eine ganze Phalanx an Ehrenpforten, beeindruckende 284 Stück waren es beispielsweise bei der Hochzeit von Leopold V. und Claudia de´ Medici in Innsbruck 1626. Mit ungeheuerem Aufwand wurde nur für die Dauer des Festes gearbeitet, der Augenblick gefeiert.
Nicht von ungefähr wecken die beschriebenen Kulissen und Kostüme Assoziationen an Theater und Oper. Welch ein Schauspiel waren diese Feste! Die Inszenierungen drehten sich um ein Leitthema: Die Ritter traten als mythologische oder allegorische Figuren, als Jupiter und Herkules, als Elemente und Jahreszeiten auf. Hofzwerge und Riesen erhielten ebenfalls ihre Rollen zugewiesen. Bei den Turnieren wurde eine fiktive Streitfrage gestellt, die es durch Kampf zu entscheiden galt. Hierbei ging es zumeist um Themen aus mittelalterlichen Ritterromanen. Beim Wiener Turnier 1560 wurde auf einem der damals zahlreichen Donauarme mit mehreren Galeeren eine Seeschlacht vorgeführt. Spektakulärer vielleicht noch als einst im Kolosseum in Rom! Auf antiken Vorbildern fußend waren diese Verkleidungsturniere neben dem Jesuitendrama und dem elisabethanischen Theater eine der Wurzeln des neuzeitlichen Theaters und der Oper.
Die Protagonisten dieser Spektakel waren aber weder Gladiatoren noch Komödianten. Es war die herrschende Schicht, die sich damit selbst in Szene setzte. Feste sind immer ein Mittel, Macht darzustellen und soziale Abstufungen sichtbar zu machen. Die Feste der frühen Neuzeit boten den Fürstenhäusern die Gelegenheit, sich selbst, ihren Reichtum und ihre kulturelle Überlegenheit öffentlich zur Schau zu stellen. Das sich zumeist über Tage erstreckende und in der Öffentlichkeit ablaufende repräsentative Festprogramm erhielt dadurch den Charakter eines politischen und dynastischen Anspruchs.
Der Tiroler Landesfürst Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595) galt als ein besonderer „liebhaber dieser und dergleichen Fürstlichen kurtzweylen“. Die Ausstellung in seinem Schloss in Innsbruck konzentriert sich auf die Feste im 16. Jahrhundert. Neben den bedeutendsten Feierlichkeiten der Habsburger, wie dem Wiener Turnier von 1560, der Wiener/Grazer Hochzeit von 1571, den von Erzherzog Ferdinand veranstalteten Turnieren in der Zeit seiner böhmischen Statthalterschaft und den in Innsbruck inszenierten Festen, werden in der Ausstellung auch Bezüge zu anderen europäischen Höfen hergestellt.
Von den Entwürfen für die pompösen Festaufzüge über speziell für den Festanlass gefertigte Prunkrüstungen, kostbare Festobjekte und Musikinstrumente bis zu kunstvollen, mehrere Meter langen Bilderrollen, auf denen die Feste von Hofmalern dokumentiert wurden, sind zahlreiche Objekte dieser Feiern überliefert. Erstmals in einer Ausstellung werden historisch einzigartige Dokumente, wie handschriftliche Turnierregeln, sog. Cartelle, und Festbeschreibungen sowie äußerst selten erhaltene und daher kostbare Ausstattungsstücke zu den Verkleidungsturnieren gezeigt.
Die Bestände des Kunsthistorischen Museums in Schloss Ambras und Wien werden durch zahlreiche Leihgaben aus Innsbrucker und Wiener Museen, Archiven und Bibliotheken ergänzt. Besonders hervorzuheben sind Entwurfszeichnungen Giuseppe Arcimboldos aus den Uffizien in Florenz und die Hochzeitskodices Erzherzog Ferdinands II. aus der Public Library Spencer Collection in New York und der Bayerischen Staatsbibliothek in München.
Information
10. Juni 2005
bis 31. Oktober 2005