Ansichtssache #15
Die listige Witwe. Lucas Cranach d.Ä., Judith mit dem Haupt des Holofernes
Für diese Ansichtssache wurde mit Lucas Cranachs (1472 Kronach - 1553 Weimar) „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ ein prominentes Tafelbild aus der Sammlung deutscher Renaissance-Malerei gewählt, das wegen einer notwendigen Restaurierung über zwei Jahre lang nicht zu sehen war und nun wieder präsentiert werden kann.
Im Zuge eines noch laufenden Forschungsprojektes im Kunsthistorischen Museum zu den deutschen Gemälden bis ca. 1540 wurden technologische Untersuchungen an dem Gemälde vorgenommen, die Einblick in den Entstehungsprozess gewähren. Als Ergebnis davon können BesucherInnen der Ansichtssache Einblicke in Cranachs Werkstattpraxis vermittelt werden, in der Themen wie das der biblischen Geschichte Judiths besonders häufig variiert wurden.
Eine weitere Besonderheit ist der Blick auf die Geschichte des Werkes, das um 1525/30 entstanden ist: Nach Vorbild von Cranachs Judith wurde das Gemälde „Salome mit dem Haupt Johannis des Täufers“ um 1600 am Hof Kaiser Rudolfs II. in Prag kreiert. Die gemeinsame Präsentation beider Werke in dieser Ansichtssache betont die inhaltliche Ambivalenz der so ähnlich komponierten Bildschöpfungen: Cranach präsentiert Judith als tugendhafte Heldin des Alten Testaments, die Holofernes, den mächtigen Feind ihres Volkes und ihres Glaubens, besiegte. Salome hingegen war verantwortlich für die Enthauptung Johannis des Täufers. Sobald Cranachs Judith gemeinsam mit Salome zu sehen war, wurde die bisherige Heldin des rechten Glaubens zum listigen Weib.
Eine Dokumentation der Restaurierung erläutert zudem, welche konservatorischen Probleme behoben werden konnten und welche ästhetischen Veränderungen die Maßnahmen mit sich brachten.
Bereits seit 2012 erweist sich die Gemäldegalerie durch die Reihe der Ansichtssache als lebendiger Ort der Forschung und Wissensvermittlung. Drei Mal jährlich steht ein neues Werk aus der Sammlung im Fokus, um den Besuchern einen außergewöhnlichen Blick auf ein Gemälde und damit verbundene jüngste Forschungsergebnisse zu gewähren. Neu ist jedoch der Ort: Ab dieser 15. Ausgabe wird die Ansichtssache künftig nicht mehr im Kabinett 24, sondern in verschiedenen Sälen der Gemäldegalerie präsentiert. Mit dem Saal XV, in unmittelbarer Nachbarschaft des Kabinetts 24, fangen wir an.
Information
1. April 2016
bis 17. Juli 2016