1615 datiert, Künstler/in: Andreas Osenbruck
Der Schaft des Szepters ist alten Angaben zufolge aus sagenhaftem "Ainkhürn", also aus Einhorn, gedrechselt; in Wahrheit handelt es sich jedoch um den Stoßzahn eines Narwals. Der Legende nach war das Einhorn dem Jäger unerreichbar; es legte jedoch sein Haupt in den Schoß einer Jungfrau und ließ sich von ihr fangen. In der Auslegung des Mythos wurde die Jungfrau zu Maria, und im Einhorn, das in der Legende mit seinem Horn eine Quelle entgiftete, sah man ein Bild Christi. Die Einhornsymbolik mit ihrem Bezug auf die Macht und Herrschaft Christi prädestinierte das kostbare Material für kirchliche und weltliche Hoheitszeichen. Der schlanke Schaft des Szepters ist innen durch einen Eisenstab verstärkt, um Verformungen durch die schwere Szepterblume aus Goldemail zu verhindern. Dieses knaufartige Gebilde besteht aus gebogenen Spangen, deren überquellenden Formenreichtum das Auge zunächst kaum entwirren kann. Die Wahl der Edelsteine nimmt Bezug auf die rudolfinische Krone (Inv.-Nr. SK_WS_XIa_1). In den Hauptspangen mit Diamanten liegen sechs Schichten von Ornamentteilen unter den Kastenfassungen. Die Rubinspangen sind etwas einfacher gestaltet. Die Bekrönung des Szepters bildet wieder, wie bei Krone und Reichsapfel, ein großer Saphir. In der Kapsel am Ende des Griffes befindet sich die Signatur des Goldschmieds: "Andreas Osenbruck fecitt Anno 1615". Rudolf II. hatte zu seiner Krone noch die Insignien von Kaiser Ferdinand I., die aus den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts stammen, verwendet. Diese wurden beim Regierungsantritt von Rudolfs Bruder und Nachfolger Kaiser Matthias (1557-1619) jedoch durch das neue Szepter des Andreas Osenbruck, der wohl auch den dazu passenden Reichsapfel schuf, ersetzt. Das Szepter ähnelt in seiner Form eher einem Streitkolben als seinen einfachen Vorläufern und stellt ein einzigartiges Virtuosenstück der Goldschmiedekunst dar.
Insigne
Prag
1615 datiert
Andreas Osenbruck (tätig in Prag um 1610 - nach 1622) - GND
Ainkhürn (Narwalzahn), Gold, teilweise emailliert, Diamanten, Rubine, Saphir, Perlen
L. 75,5 cm, Gewicht 1640 g
ANDREAS OSENBRVCK fecitt Anno 1615
"MATTHIAS 1612"
Kunsthistorisches Museum Wien, Weltliche Schatzkammer
Schatzkammer, WS XIa 2
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