1505 datiert, Künstler/in: Albrecht Dürer
Wir wissen nicht, um wen es sich bei der charmanten jungen Dame handelt, die vor einem schwarzen Hintergrund erscheint und freundlich-versonnen zur Seite blickt. Zumindest aber weisen die Frisur mit den langen, an den Schläfen herabfallenden Locken und dem transparenten Netz, das am Hinterkopf eine Haarrolle birgt, die Unbekannte als Bewohnerin Venedigs aus. Dürer hatte die Lagunenstadt im Herbst oder Winter 1505 erreicht; das nach Ausweis des Datums noch in diesem Jahr fertiggestellte Porträt wird daher zumeist als das erste Tafelbild bezeichnet, das er während seines zweiten Aufenthaltes in Venedig malte. Gegen die gelegentlich geäußerte Annahme, das Bild sei nicht fertiggestellt worden, spricht das Vorhandensein von Monogramm und Datum, mit dem der Künstler sein Werk abschloss. So ist auch die linke Gewandschleife wohl nicht in der Untermalung stehengeblieben, sondern farblich anders konzipiert worden. Überraschend ist, wie schnell sich Dürer hier mit der zeitgenössischen, von Giovanni Bellini geprägten venezianischen Malerei vertraut zeigt, die sich vor allem in einer breiteren Malweise, zurückgenommenen Konturen und der auf wenige Farbwerte reduzierten Palette verrät. Darüber hinaus hatte Dürer in seinen früheren Porträts die Dargestellten fast immer unter Einschluss von Armen bzw. Händen gezeigt. Auch im Verzicht auf diese Bildelemente entspricht er zeitgleichen venezianischen Beispielen, während das Überschneiden der Schultern bzw. Armansätze durch die Bildseiten diesen eher fremd ist. Diese Lösung kommt auch nicht bei einem verlorenen, in einer Aquarellkopie überlieferten Frauenporträt vor, das Bellini zugeschrieben wird und Dürers Werk ansonsten erstaunlich nahe steht. Haartracht und Mode der Dargestellten reflektieren bereits 1504 erlassene Bestimmungen des Senats der Republik, denen zufolge die Venezianerinnen weniger aufwendige Kleider und Frisuren zu tragen aufgefordert wurden. Eine zweite Venezianerin, die Dürer im Folgejahr porträtierte (Berlin), folgt diesen Konventionen ebenso wie die beiden Marien auf Dürers religiösen Hauptwerken seiner zweiten Venedigreise, dem Rosenkranzfest (Prag) und der Madonna mit dem Zeisig (Berlin). Das erst 1923 bekannt gewordene und noch in diesem Jahr vom Museum erworbene Wiener Bildnis zählt zweifelsohne zu den populärsten und meistpublizierten Werken Dürers überhaupt. Guido Messling [26.6.2017]
Gemälde
Deutsch
1505 datiert
Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND
Fichtenholz
Bildmaß: 33 × 24,5 × 2,7 cm
Rahmenmaße: 45,5 × 39 × 4,8 cm
Bez. oben in der Mitte mit dem Monogramm, dat. 1505
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie
Gemäldegalerie, 6440
Im späten 18. Jahrhundert in der Sammlung des Danziger Bürgermeisters Gottfried Schwartz (1716-1777); Anfang des 20. Jahrhunderts Sammlung Witold Klemens Wankowics (1888-1948), Litauen; 1923 erworben.
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