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Der prachtvoll leuchtend rote Einband und das Blattgold an den Schnittkanten des Buchblocks signalisieren die Wertschätzung, die man der ersten Ausgabe des Gemäldegalerieführers und ihren Lesern entgegenbrachte. An den monumentalen Wänden der neu errichteten Galerie hingen zu Beginn 2130 Gemälde – die Nummern im Katalog entsprachen dabei jenen Nummern, die auf den „Bilderrahmen links unten in der Ecke“ angebracht waren.
Es herrschten also lustvoll überfüllte Zustände.
Aber den damaligen Betrachtern wurde das bald zu viel – bereits nach wenigen Jahren wurde umstrukturiert und reduziert. Heute präsentiert die Galerie gerade einmal 800 Bilder. Es wirkt luftig im Vergleich zu den vollständig ausgenutzten Wandflächen der ersten Jahre.
Jedoch, aus Sicht des 1892 verantwortlichen Museumsdirektors Eduard von Engerth war auch die Fülle des Eröffnungsjahres eine echte Erleichterung:
„Die mehr als ein Jahrhundert währende Einengung der herrlichen Sammlung […] im Eugen’schen Schlosse [Oberes Belvedere, Wien] erreichte durch die Übersiedlung in das neuerbaute kunsthistorische Hofmuseum ihr Ende. Und Raphael, Tizian, Rubens und Dürer erlangen erst hier in vollem Maße, was sie seit ihrem Bestehen zu fordern berechtigt waren: Raum und Licht.“
Die Besucher der ersten Jahre sahen im brandneuen Museum übrigens auch brandneue Malerei. Konservativ zwar, aber tatsächlich zeitgenössisch: Julius Payers Erinnerung an die erste österreichische Nordpol-Expedition 1872-1874 mit dem kämpferischen Titel „Nie zurück!“ war 1892 entstanden und hängt heute, nachdem die Sammlungen im 20. Jahrhundert umstrukturiert wurden, im Heeresgeschichtlichen Museum Wien.