nach 1567
Der Becher in Form eines Fässchens und das schiffähnliche Gefäß aus beinahe farblosem Glas dienten als Scherzgläser bei den Trinkspielen auf Schloss Ambras. Diese Feste fanden vorwiegend in der nach dem römischen Gott des Weines bezeichneten, extra für diesen Zweck angelegten Bacchusgrotte im Park südlich des Hochschlosses statt, die neben den natürlichen Höhlen des Parks zum ersten Mal 1574 im Reisebericht des Stephanus Pighius beschrieben wurde. Den Höhepunkt stellte die Trinkprobe dar: Nach dem Genuss möglichst scharf gewürzter Speisen hielten verborgene Ketten und Gitter die Gäste fest, die sich nur durch das Austrinken des jeweiligen mit Wein gefüllten Gefäßes, des "Willkomms", befreien konnten. Anschließend trugen sich die Gäste in das Ambraser Trinkbuch (Inv.-Nr. KK_5262) ein, in dem Fässchen und Schiffchen als "ain vässlein gestalt mit vier geschmeltzten raiflen" und als "ain Cristallin glass wie ain schiff" explizit beschrieben sind. Hergestellt wurden die beiden Gefäße in Murano, dem Zentrum für die Erzeugung des hoch begehrten, besonders zarten und transparenten Glases im 16. Jahrhundert. Höchstwahrscheinlich waren sie 1568 auf Bestellung von Erzherzog Ferdinand II. zusammen mit "etlich schönen dringgeschirr als schifflein allerlei Gattung vergult' und unvergult aus Venedig" geliefert worden. Nie zuvor hatte man dort so viele verschiedene Glassorten und Techniken verwendet; bis ins 17. Jahrhundert blieben die Reinheit und Dünnwandigkeit der venezianischen Gläser unerreicht in Europa. Um eine Weitergabe der Produktionsgeheimnisse an konkurrierende Glashütten zu vermeiden, stellte die Mariegola, das Statut der Glasmacher in Venedig, die Auswanderung von deren Zunftmitgliedern unter Strafe. Nur in seltenen Fällen genehmigte die Signoria (Stadtregierung) die befristete Ausleihe von Fachleuten an europäische Fürstenhöfe, wie etwa nach Innsbruck an den Hof Erzherzog Ferdinands II.
Gefäß; Fass; Schale; Scherzgefäß, Fässchen und Schiffchen
Murano, Venedig
nach 1567
H. 14,1 cm
H. 7,5 cm, L. 16,5 cm
Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer
Kunstkammer, 3273 und 3307
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