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Technologische Studien

Band 11/2014

Inhalt

Fakten und Indizien zur Provenienz des Hammerflügels SAM 364

Beatrix Darmstädter

In diesem Beitrag stehen die neu erforschte Geschichte und die Analyse der baulich-technologischen Parameter des Hammerflügels SAM 364 im Zentrum. Folgende neue historische Tatsachen ließen sich durch Recherchen zu diesem Instrument belegen, das 1921 in den Bestand der Sammlung alter Musikinstrumente aufgenommen wurde: Der Flügel stammt aus dem Besitz von Kaiser Joseph II. und kam 1781 an den Hof.

Zur Zeit Josephs II. wurden einige Reparaturen nötig, die auch heute noch am Instrument nachzuweisen sind und die zur Identifikation des Objekts beitragen. Nach dem Tod des Kaisers wurde der Flügel in das von Joseph II. stets bevorzugte Augarten-Palais gebracht, wo das Instrument lange gleichsam unberührt stand. Im Rahmen der InternationalenAusstellung für Musik- und Theaterwesen 1892 kam es zur Präsentation des Flügels und zu einigen Umbauten, die von der Firma Mikula Wien durchgeführt wurden. Gustav Mahler ließ sich den Hammerflügel 1905 für eine Mozart-Produktion in die Hofoper bringen, kam aber letztlich zu dem Entschluss, ihn aus Gründen mangelnder Stimmhaltigkeit und wegen der unpassenden Stimmtonhöhe nicht in der Oper einzusetzen./p>

Ausführlich diskutierte Indizien legen den Rückschluss nahe, dass der Flügel auch für das Konzert von Wolfgang Amadé Mozart und Muzio Clementi verwendet wurde, zu dem Kaiser Joseph II. im Dezember 1781 einlud.

Da es sich um ein unsigniertes Instrument handelt, bestand auch die Intention, dem Urheber auf die Spur zu kommen: Bis 2006 wurde der Flügel dem Wiener Instrumentenmacher Ignaz Kober zugeschrieben; danach ging die Fachwelt davon aus, dass der Orgelmacher Franz Xaver Christoph das Instrument gebaut hätte. In beiden Fällen beriefen sich die Organologen auf für den jeweiligen Hersteller typische Baumerkmale. Nun konnte geklärt werden, dass im Instrument eindeutig die Handschrift Kobers zu lesen ist und dass historische Dokumente darauf hinweisen, dass der Flügel über den Mittelsmann Georg Summer an den Hof gelangte, der – wie Christoph – ebenfalls in St. Stephan tätig war und der das Instrument höchstwahrscheinlich aus eben dieser Werkstatt erhielt. Da Christoph in der ersten Hälfte der 1780er Jahre der Lehrmeister Kobers war, steht außer Zweifel, dass Kober zum Hammerflügel SAM 364 zugearbeitet hat. Die aktuellen Forschungsergebnisse geben dem optisch recht unscheinbaren Hammerflügel SAM 364 im Kontext der Musikgeschichte Österreichs und in nachgewiesener Verbindung mit dem Kaiserhaus eine völlig neue Relevanz.

Maltechnische Untersuchung an acht Gemälden David Teniers' des Jüngeren (1610-1690), darunter sieben Kopien nach italienischen Gemälden aus der Sammlung Leopold Wilhelms für das Theatrum Pictorium

Emily Schwedersky

Diese Studie untersucht acht kleinformatige Gemälde David Teniers’ des Jüngeren (1610‒1690) aus dem Bestand der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums. Sieben Kopien oder Pasticci nach italienischen Bildern aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms (1614‒1662) dienten als Vorlagen für Illustrationen im 1660 erschienenen Theatrum Pictorium, das in 243 Stichen die Höhepunkte der damaligen Sammlung wiedergibt: der Heilige Sebastian (GG 6784), der Orator Francesco Filetto (GG 9707), der Knabe mit Flöte (GG 9708), die Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers (GG 9709), Galatea und Polyphem (GG 9797), die Erweckung des Jünglings zu Nain (GG 9711) sowie Christus unter den Schriftgelehrten (GG 9801). Das achte Gemälde, der Alchimist (GG 9802), ist eine Abwandlung des Christus unter den Schriftgelehrten und verwendet eine der zentralen Figuren dieses Bildes für ein neues Sujet.

Die Maltechnik der Holztafeln wurde mithilfe von Infrarotreflektographie, Röntgenaufnahmen, Streiflicht, UV-Licht und Stereomikroskopie untersucht und mit derjenigen der Originale sowie der einiger eigener Kompositionen Teniers’ auf Leinwand und Holzbildträgern verglichen. Durch den Vergleich mit den Originalen und den nach ihnen angefertigten Stichen werden die freie Übertragungsmethode und die ökonomische, rasche Ausführung deutlich, die sich stilistisch und maltechnisch den Originalen nicht unterordnet. Die Untersuchung der Maltechnik der Kopien belegt außerdem die Vielseitigkeit und Routiniertheit des Künstlers, die auch in seinem restlichen OEuvre zu beobachten ist.

Zwirnbindung - Konstruktive und gestalterische Möglichkeiten einer stoffbildenden Flechttechnik, dargelegt anhand einer Gruppe von Schuhen aus archäologischem Kontex

Eva Schantl

Die Zwirnbindung zählt zu den ältesten Flechttechniken, sie wurde für die Produktion sowohl von flächigen als auch von dreidimensionalen Gebrauchsgegenständen herangezogen.

Anhand einer Gruppe von vier Schuhen aus Zentralasien, die in die Östliche Han-Dynastie bzw. die Jin-Dynastie zu datieren sind, wurden gestalterische und konstruktive Möglichkeiten der Technik untersucht. Darüber hinaus wurden anhand praktischer Versuche mögliche Herstellungsweisen ausprobiert und Überlegungen dazu festgehalten.

Die an den Schuhen der Abegg-Stiftung durchgeführten textiltechnologischen Untersuchungen machten deutlich, dass die Fertigung der Schuhe eine lang zurückreichende Tradition hat. Stoffbildung und Art der Schuhkonstruktion sind zwar auf einen minimalen Aufwand reduziert, doch ist der Grad an Effektivität und gestalterischer Vielfalt kaum zu übertreffen.

Untersuchung von Korrosionserscheinungen und Optimierung der Depotbedingungen für antike Bronzemünzen mit hoch bleihaltigen Legierungen

René Traum und Martina Grießer

Das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien beinhaltet eine umfangreiche Sammlung antiker griechischer Bronzemünzen aus hoch bleihaltigen Legierungen, die in der römischen Kaiserzeit geprägt wurden. Sie entstanden zwischen 50 und 280 n. Chr. in den östlichen Provinzen des Reiches und dienten als lokale Währungen. Aufgrund der Bodenlagerung sowie ungünstiger Aufbewahrungsbedingungen in historischen (Eichen-)Holzkästen zeigt eine Reihe dieser Bronzemünzen heute fortschreitende Korrosion.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Erhaltung und Konservierung dieser Objektgruppe wurden an ca. 1.200 ausgewählten Münzen mit unterschiedlichen analytischen Techniken die Ursachen der Korrosionserscheinungen untersucht. So kamen optische Fluoreszenzmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie (REM) und 3D-Mikroskopie zur Dokumentation und Vermessung der unterschiedlichen Korrosionsstadien zum Einsatz. Dabei konnte die normalerweise weißliche Korrosion mit hohen Bleikonzentrationen korreliert werden; die Korrosion scheint oft aus dem Inneren der Objekte herauszuwachsen. Um die daraus abgeleitete Annahme des Vorhandenseins von bleireichen Einschlüssen in einer kupferreichen Matrix im Inneren der Münzen nachzuweisen, wurden weiterführende Analysen durchgeführt. Dazu wurden in den Rutherford Appleton Laboratories, ISIS, Oxfordshire, Großbritannien, mittels Neutronendiffraktometrie insgesamt 33 antike griechische Bronzemünzen zerstörungsfrei hinsichtlich ihrer Legierungszusammensetzung analysiert. Dabei konnte der hohe Bleigehalt der verwendeten Legierungen (bis zu über 30 Gew%) bestätigt werden. Darüber hinaus wurde am Paul Scherrer Institut (PSI) mittels Röntgen- und Neutronenradiographie bzw. Neutronentomographie an diesen Münzen gleichfalls zerstörungsfrei die Verteilung der Bleieinschlüsse im Inneren untersucht.

Die Ergebnisse der Tomographie zeigen, dass zusätzlich zu den an Avers und Revers sichtbaren bleireichen Zonen (die meist bereits deutlich weißliche Korrosion aufweisen) auch im Inneren der antiken Bronzemünzen bleireiche Einschlüsse und damit potentielle Korrosionsherde vorliegen. In weiterführenden Versuchen zur Gusstechnik konnten – wiederum durch Analyse mittels Neutronentomographie am PSI sowie Neutronentexturanalyse an ISIS – erste Hinweise auf die Herstellungstechnik der Münzen gefunden werden.

Um dem weiteren Verfall dieser hoch empfindlichen Objekte vorzubeugen, wurde mittels modernster Technik ein mit Stickstoff gespülter Metallschrank konstruiert, in den die betroffenen Münzen nun nach und nach umgelagert werden.

„Ein grosses Stukh von Öhlfarb auff Leinwaeth…“ - Zur Konservierung und Restaurierung des Stilllebens mit Büste Erzherzog Leopold Wilhelms Gottfried Libalt

Gerhard Walde, Simone Wernitznig und Elke Oberthaler

Die Restaurierung des bereits 1659 im Inventar Erzherzog Leopold Wilhelms genannten, dann jedoch weitgehend in Vergessenheit geratenen Stilllebens von Gottfried Libalt stellte eine enorme Herausforderung dar.

Es handelt sich um ein großes Leinwandgemälde, das zu einem unbekannten Zeitpunkt durch Umschlagen der seitlichen Ränder auf etwa die halbe Breite reduziert worden war. Dadurch und durch die unsachgemäße Lagerung im Laufe der Jahrhunderte entstanden zahlreiche Beschädigungen. Die lang währende Vernachlässigung brachte es aber gleichzeitig mit sich, dass das Bild weitgehend unberührt erhalten geblieben ist.

Abgesehen von den Schäden durch mechanische Beanspruchung und den natürlichen Alterungserscheinungen wie partiellem Haftungsverlust in den Malschichten zeigte sich die originale Substanz außergewöhnlich intakt – weder ist die Malerei durch frühere Doublierverfahren verpresst noch sind originale Lasuren und Farben durch frühere Reinigungen reduziert.

Dieser Umstand war in der Restaurierung besonders zu berücksichtigen. Die zentrale Frage war daher, ob es möglich sein würde, den Bildträger so zu stabilisieren, dass das Gemälde wieder aufgespannt werden kann – die Risse in der Leinwand beliefen sich in Summe auf ca. fünf Meter.

Nach Abwägung der Behandlungsvarianten wurde entschieden, das Gemälde weiterhin ohne Doublierung zu stabilisieren, d. h. alle gerissenen Fäden punktgenau zu verkleben und fehlende Leinwandteile (durch Intarsien oder Einweben) zu ergänzen. Die Methoden der Malschichtfestigung, der Rissverklebung/ Bildträgerkonsolidierung sowie des erneuten Aufspannens sind im Beitrag ausführlich beschrieben.

In der Fragestellung nach dem originalen Bildformat, das nicht nur in der Breite verringert, sondern auch in der Höhe durch eine spätere Ansetzung vergrößert worden war, wurden technologische Beobachtungen (Spanngirlanden, Klimakanten, originale Nagellöcher) sowie der etwa zeitgleich zur Entstehung des Bildes erfolgte Eintrag im Inventar Leopold Wilhelms herangezogen, das die Bildgröße(n) – allerdings mit Rahmen – angibt. Basierend auf diesen Informationen erfolgte die Annäherung an das wohl ursprüngliche Format.

Angesichts des recht hohen Grades der Beschädigung lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Konservierung des Bildträgers und der Festigung der Malschichten. Die anlagernden Schmutzschichten wurden von der Gemäldeoberfläche entfernt und matte Bereiche lokal mit Firnisauftrag gesättigt. Das sehr zurückhaltende Restaurierkonzept erschien uns diesem ganz speziellen Fall angemessen zu sein. Die umfangreiche Arbeit wäre in der zur Verfügung stehenden Zeit neben dem laufenden Museumsbetrieb nicht durchführbar gewesen. Daher erfolgte die Vergabe an ein privates, hochspezialisiertes Atelier. Realisiert werden konnte dies für die Neuaufstellung der 2013 eröffneten Kunstkammer, zeigt das Stillleben doch eine Büste von Erzherzog Leopold Wilhelm, einer der wichtigsten Sammlerpersönlichkeiten des Hauses Habsburg.

Buch
Technologische Studien, Band 11
€ 29,95 € 14,95
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