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Copyright: KHM-Museumsverband

Nahaufnahme

Forschung im Kunsthistorischen Museum

Das Kunsthistorische Museum ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung für kunsthistorische Fächer. »Hinter den Kulissen« des Ausstellungs­ und Museums betriebsarbeiten KuratorInnen, RestauratorIn­nen und NaturwissenschaftlerInnen an der Bewahrung und Erforschung der Sammlungsbestände, die weltweit zu den bedeutendsten ihrer Art zählen.

Kunstgeschichte, Archäologie, Numismatik, Ägyptologie und Musikwissenschaften zählen zu den Disziplinen, in denen das Museum Grundlagenforschung betreibt. Das Spektrum der Forschungsansätze und -methoden ist ent­sprechend vielfältig.

Geisteswissenschaftliche Betrachtun­gen werden zunehmend durch technologische Analysen ergänzt, die in den Restaurierwerkstätten, im hauseige­nen Naturwissenschaftlichen Labor und in Kooperation mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtun­gen durchgeführt werden.

Unter dem Titel »Nahaufnahme« bietet die Forschungs­konferenz des Kunsthistorischen Museums Einblicke in das Spektrum der im Haus betriebenen wissenschaftlichen Projekte, die wiederum unverzichtbare Grundlagen für eine adäquate Vermittlung sowie für Ausstellungen und Publikationen im Museum darstellen.

Bildbeschriftung: Caravaggios David mit dem Haupt Goliaths im Scanning-RFA-Gerät des KHM-Museumsverbands © KHM­-Museumsverband

Programm

9–9.15 Uhr

Begrüßung
Sabine Haag

9.15–10.45 UHR

Chair: Franz Pichorner

Forschungsprojekte am Theatermuseum rund um den Nachlass Hermann Bahrs

Hermann Bahr (1863-1934) zählt zweifellos zu den bedeutendsten und wendigsten Akteuren des ästhetischen Felds der Jahrhundertwende. Was heute unter dem Terminus »Wiener Moderne« kanonisiert ist, wurde von ihm mit großem strategischen Geschick propagiert und durchgesetzt.

So wundert es nicht, dass sein umfangreicher Nachlass zu einem der bedeutendsten Bestände des Theatermuseums zählt. Mehr als hundert Archivkartons enthalten Material bedeutender Zeitgenossen wie etwa Hugo von Hofmannsthals, Arthur Schnitzlers oder Gustav Klimts, um nur einige Namen zu nennen.

Der Forschung blieb der Zugang zu diesem bedeutenden Nachlass aufgrund einer problematischen Erbschaftsregelung mehr oder weniger verwehrt. Mit Ablauf des Urheberrechtes hat sich diese Situation grundlegend geändert.

Einige der seither abgeschlossenen wie gerade in Arbeit stehenden Projekte werden vorgestellt.

Kurt Ifkovits, Kurator, Theatermuseum

Der Blick in das Grab. Ein Forschungsprojekt zur Bestattung Kaiser Friedrichs III. in St. Stephan

Als einzige Bestattung eines Königs oder Kaisers des Heiligen Römischen Reiches des späten Mittelalters war das berühmte Grabmal Kaiser Friedrichs III. (gest. 1493) im Wiener Stephansdom bislang noch nie so weit geöffnet worden, dass eine umfassende Vorstellung von der Situation im Inneren zu gewinnen gewesen wäre. 2013 konnten von der Dombauhütte nun erstmals durch eine kleine Öffnung in der Wandung Fotos angefertigt werden. In weiterer Folge wurden drei KuratorInnen des Kunsthistorischen Museums, Katja Schmitz-von Ledebur, Heinz Winter und Franz Kirchweger, eingeladen, sich an der Bearbeitung der damit erstmals dokumentierten Ausstattung zu beteiligen. Im Rahmen des Vortrags werden die wichtigsten Ergebnisse des Projekts zusammen mit Teilen des in der Öffentlichkeit bislang völlig unbekannten Fotomaterials präsentiert.

Katja Schmitz-von Ledebur, Kuratorin, Kunst- und Schatzkammer, Kunsthistorisches Museum
Franz Kirchweger, Kurator, Kunst- und Schatzkammer, Kunsthistorisches Museum

Die beiden Rubens-Gemälde mit dem Medusenhaupt in Brno und Wien. Neue Erkenntnisse zur Werkstattpraxis

2018 schuf die Ausstellung »Ansichtssache #23 Albtraumhaft Schön: Rubens’ Wiener Medusenhaupt trifft auf die Brünner Fassung«, die Möglichkeit, die beiden Gemälde nebeneinander zu studieren und bot damit ideale Arbeitsbedingungen für das Forschungsprojekt Revealing Rubens, das von der flämischen Regierung 2017 bis 2019 gefördert wurde. In dieser Zusammenarbeit des Kunsthistorischen Museums (Gemäldegalerie, Naturwissenschaftliches Labor und Fotoatelier) mit der Universität von Antwerpen (AXES Group) und der Mährischen Galerie (Moravská galerie v Brně) wurden mithilfe von Auflicht- und Streiflichtaufnahmen, Infrarot- und Röntgenaufnahmen sowie von Makro-XRF Scans Daten erhoben, die den Entstehungsprozess und die Beziehung der beiden Gemälde zueinander klären sollten. Tatsächlich zeigen einige der Scans des Brünner Gemäldes in den Schlangen ein Suchen nach der Form bzw. der Stellung im Raum, während vergleichbare Scans des Wiener Bildes deutlich vor Augen führen, dass die Grundkomposition offensichtlich schon klar war. Allerdings kann auch nachgewiesen werden, dass die Wiener Medusa eine Weiterentwicklung der Brünner Version ist. Digitale Überblendungen der beiden Gemälde legen nahe, dass eine oder möglicherweise mehrere Teilschablonen zur Übertragung der Komposition verwendet wurden. Die beiden Medusenhäupter sind höchstwahrscheinlich auch früher entstanden, als zuletzt angenommen, nämlich um 1613/14, als Rubens sich vermehrt und mit neuer Intensität mit der Antike auseinandersetzte.

Gerlinde Gruber, Kuratorin, Gemäldegalerie, Kunsthistorisches Museum
Ina Slama, Restauratorin, Gemäldegalerie, Kunsthistorisches Museum

10.45–11.30 Uhr

Kaffeepause

11.30–13 Uhr

Chair: Stefan Weppelmann

Verborgene Details. Erste Einblicke in die Gemäldeuntersuchung mit dem neuen Scanning-RFA-Gerät des Kunsthistorischen Museums

Seit Beginn dieses Jahres steht dem Kunsthistorischen Museum ein neues Gerät für die zerstörungsfreie Analyse von Kunstwerken zur Verfügung. Dieses basiert auf der Technik der Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), mittels derer im Gegensatz zu dem bisher vorhandenen Gerät, bei dem nur punktuelle Untersuchungen möglich waren, nun ganze Gemälde abgescannt werden können. Ermittelt wird dabei die Verteilung der Elemente und damit auch der Pigmente. Mit dieser Technik können wertvolle Hinweise auf die Maltechnik der KünstlerInnen, sowie vorhandene Unterzeichnungen erlangt werden.

Inzwischen wurde diese Technik schon an einigen Hauptwerken der Gemäldegalerie wie beispielsweise Caravaggios „David mit dem Haupt Goliaths“ oder van Eycks „Porträt des Goldschmieds Jan de Leeuw“ angewandt. Im Vortrag werden erste Einblicke in die bislang durchgeführten Analysen gegeben.

Katharina Uhlir, Naturwissenschaftliches Labor, Kunsthistorisches Museum

Digitale Perspektiven – über das internationale Forschungsprojekt ART-ES und die vom KHM-Museumsverband umgesetzte virtuelle Ausstellung »From real life into the world of art«

Digitale Technologien bieten heutzutage neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung. Das internationale Forschungsprojekt ART-ES. Aneignung und Hybridisierung von bildender und darstellender Kunst in der Frühen Neuzeit knüpft an die aktuellen Debatten über die Nutzung digitaler Technologien für die Erforschung der Festkultur, des Theaters, von urbanen Räumen und von Kunstwerken der Frühen Neuzeit an, bei denen intensive Transferprozesse zwischen den künstlerischen Disziplinen (Hybridisierungen) festzustellen sind. Ziel des Projekts ist es, eine virtuelle Ausstellung zu kreieren, die einerseits exemplarische Festereignisse wie Opern, Rossballette und feierliche Einzüge anschaulich aufbereitet und andererseits Elemente des Performativen in der bildenden Kunst aufdeckt und kontextualisiert. Diese virtuelle Ausstellung, in der Kunst-Geschichte(n) wieder zum Leben erweckt werden, wird inhaltlich vom Theatermuseum und von internationalen Partnern kuratiert und von der Abteilung Visuelle Medien des KHM-Museumsverbands technisch und grafisch umgesetzt. Die Online-Vernissage ist für Ende 2020 geplant. Bei der Forschungskonferenz wird eine Preview der virtuellen Ausstellung präsentiert.

Daniela Franke, Kuratorin, Theatermuseum
Nicoletta Hernández, Visuelle Medien, Kunsthistorisches Museum
Andrea Sommer-Mathis, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Das Ende der Vergänglichkeit? Die Untersuchung, Konservierung und Restaurierung eines Vanitas-Sinnbilds zum Tod Kaiser Ferdinands III. von Daniel Neuberger d. J.

Im Vortrag wird ein mehrjähriges, noch laufendes Forschungsprojekt vorgestellt, das sich mit der Untersuchung, Konservierung und Restaurierung des wichtigsten, noch erhaltenen Wachsobjekts aus dem Bestand der Kaiserlichen Schatzkammer befasst.

Das Kunstwerk ist eine Art Diorama aus Holz und Wachs, das nach dem Tod Kaiser Ferdinand III. (1657) von dessen Hofkünstler Daniel Neuberger d. J. angefertigt wurde.

Die Darstellung aus modelliertem Bienenwachs zeigt den in einer Grotte aufgebahrten Kaiser, umringt von neun Skeletten mit Attributen der Vergänglichkeit als Sinnbild des Todes.

Unglücklicherweise hat sich das Generalthema dieses Kunstwerkes – Vergänglichkeit – auch auf die Materialien übertragen. Die sehr ungewöhnliche Materialkombination der Skelette aus Bienenwachs und Bleidraht führte (über die Jahrhunderte) im Zusammenspiel mit Schadgasen und schlechten Klimabedingungen zu starker Bleikorrosion und in der Folge zu erheblichen Schäden bis zu Verlusten ganzer Skelettpartien. Vorrangiges Ziel des Projekts ist daher eine Bestandssicherung und bestmögliche Konservierung und Restaurierung der Skelette. Anhand von Vorversuchen an Dummies wurden hierfür verschiedene Wachs-Festigungsmittel getestet und eine auf das Objekt optimal abgestimmte Restauriermethode entwickelt.

Im Zuge der Untersuchungen für die notwendigen Konservierungsmaßnahmen konnte das Objekt auch erstmals intensiv auf Herstellungstechniken, verwendete Materialien und mögliche spätere Umarbeitungen hin untersucht werden. Die daraus resultierenden neuen Erkenntnisse sind äußerst überraschend und erfordern auch eine neue kunsthistorische Bearbeitung des Werks.

Barbara Goldmann, Restauratorin, Kunst- und Schatzkammer, Kunsthistorisches Museum

13 Uhr

Ende der Veranstaltung

Datum

Freitag, 8. November 2019
9–13 Uhr

Ort

Kunsthistorisches Museum Wien
Bassano Saal, 2. Stock
Maria-Theresien-Platz
1010 Wien

Anmeldung

Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung unter forschung@khm.at bis spätestens 3. November 2019.

Kontakt

Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz
1010 Wien
T +43 1 525 24 - 0
info@khm.at
www.khm.at

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