Die Architektur des Kunsthistorischen Museums
Mit dem Beginn der Ringstraßenplanungen 1857 sah man sich nun in der Lage, die kaiserlichen Sammlungen in einem angemessenen, eigenständigen und mit moderner Hänge- und Gebäudetechnik ausgestatteten Neubau zu präsentieren - bis zum eigentlichen Bauwettbewerb sollten jedoch noch zehn Jahre vergehen. Es beteiligten sich 1867: die in Wien tätigen Architekten Hansen, Löhr, Ferstel und Hasenauer. Da sich Jurymitglieder und Bauherr über Monate hinweg nicht auf eines dieser Projekte einigen konnten, bezog man 1868 den im Museumsbau erfahrenen und international anerkannten Gottfried Semper in das Projekt mit ein. Auf kaiserlichen Wunsch hin führte er die Entwürfe Hasenauers in ein mehrheitsfähiges und baureifes Stadium. Zudem erweiterte er sie – letztlich auf antiken Städtebau zurückgreifend - zum sog. Kaiserforum: In Verlängerung der beiden Museumsbauten schlug er - ebenfalls symmetrisch angelegte-, mit segmentförmigem Vorbau versehene Baukörper vor. Der im rechten Winkel dazu gelegene leopoldinische Trakt der Hofburg sollte eine diesen Neubauten angepasste Fassade erhalten und in seiner Mitte den Thronsaal aufnehmen. Tatsächlich realisiert wurden die beiden Museumsbauten und der süd-östlich, zum Burggarten hin gelegene Teil der „Neuen Burg“. 1871 begann man mit den Bauarbeiten für die Museen, 20 Jahre später, 1891 konnte eröffnet werden. Unter Sempers Einfluß waren die Fassaden des Hasenauerschen Museumsentwurfes geglättet und mit einem kunsthistorischen Skulptur- und Reliefprogramm überzogen worden. Die innere Struktur des Gebäudes kombiniert mehrere Bautraditionen: Vestibül, Stiegenhaus und Kuppelhalle bilden eine dramaturgische, den kaiserlichen Bauherren und seiner Vorgänger feiernde Einheit. Eine zusätzliche Raffinesse: der kreisrunde Deckenausschnitt im Vestibül, der bereits dem Eintretenden einen ersten Blick in die Kuppelhalle ermöglicht. Der Gang über die Treppe führt den Besucher an Antonio Canovas Theseus–Gruppe vorbei in die Kuppelhalle, den Höhepunkt der kaiserlichen Selbstinszenierung. Auf dieser Mittelachse verdichten sich barockisierende Dekorationselemente zu einem der feierlichsten und kostbarsten Innenräume des Wiener Späthistorismus, ja sogar des gesamten europäischen Museumsbaus.