Provenienzforschung
Am 4. Dezember 1998 wurde das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen (Kunstrückgabegesetz) mit der Zielsetzung erlassen, Kunstgegenstände aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, die im Zuge oder als Folge der NS-Gewaltherrschaft in das Eigentum des Bundes gelangt sind, an die ursprünglichen EigentümerInnen oder deren RechtsnachfolgerInnen zurückzugeben.
Zu diesem Zweck wurde 1998 die Kommission für Provenienzforschung eingerichtet, deren wissenschaftliche MitarbeiterInnen in den einzelnen Bundesmuseen und Sammlungen die Inventare, Archivalien und Objekte auf Provenienzhinweise überprüfen. 2009 folgte eine Gesetzesnovellierung. Die Kommission für Provenienzforschung untersteht heute der Kunst-und Kulturstaatssekretärin Mag.a Andrea Mayer.
Provenienzforschung im Kunsthistorischen Museum
Bereits vor Erlass des Kunstrückgabegesetzes im Dezember 1998 erforschte der Historiker und Direktor des Archivs HR Dr. Herbert Haupt die Herkunft jener Kunstgegenstände, die während oder in unmittelbarer Folge der NS-Zeit ins Kunsthistorische Museum gelangt waren. Im Juni 1998 legte Haupt unter Mitarbeit von Dr. Lydia Gröbl eine umfassende Sachverhaltsdarstellung über „Die Veränderungen im Inventarbestand des Kunsthistorischen Museums während der Nazizeit und in den Jahren bis zum Staatsvertrag 1955“ vor.
Dieser Bericht konzentriert sich auf die im Archiv überlieferten Quellen aus dem Zeitraum 1938 bis 1955 und bildet zusammen mit einigen nachfolgenden Recherchen eine wichtige Grundlage für die weitere Provenienzforschung. Bis Ende 2008 verblieb Haupt neben seiner Archivarstätigkeit auch Provenienzforschungsbeauftragter des Kunsthistorischen Museums. Zu mehreren Verdachtsfällen der Gemäldegalerie, die in der Kunstdatenbank des Nationalfonds gelistet waren, recherchierte die Kuratorin Dr. Sabine Pénot. Weitere Recherchen erfolgten durch Mag. Ulrike Nimeth vom Büro der Kommission. 2009 wurde der Archiv- und stellvertretende Generaldirektor Dr. Franz Pichorner Provenienzbeauftragter. Seit April 2009 überprüften Dr. Susanne Hehenberger und Dr. Monika Löscher im Auftrag der Kommission für Provenienzforschung systematisch alle Erwerbungen des Kunsthistorischen Museums seit 1933. Seit März 2016 ist Dr. Monika Löscher alleinverantwortliche Provenienzforscherin.
Die Ergebnisse der Provenienzforscherinnen werden in Dossiers zusammengefasst und bilden die Basis für die Empfehlungen des Kunstrückgabebeirats an das zuständige Ministerium. Die Beschlüsse des Beirats erfolgen immer einstimmig und sprechen sich im Sinne des Kunstrückgabegesetzes entweder für oder gegen eine Restitution aus. Die Begründungen werden auf der Website der Kommission für Provenienzforschung veröffentlicht. Im Falle einer Rückgabeempfehlung ist die zuständige Ministerin bzw. der zuständige Minister durch das Gesetz ermächtigt, entzogene Objekte an die ursprünglichen EigentümerInnen oder deren RechtsnachfolgerInnen auszufolgen.
Dossiers, die seit 1998 dem Kunstrückgabebeirat vorgelegt wurden
Guido Adler, Empfehlung vom 16.3.2018
Beschluss
Isolde Ahlgrimm und Erich Fiala, Kenntnisnahme vom 14.6.2019
Elizabeth Bondy, Empfehlung vom 27.10.1999
Beschluss
Oscar Bondy, Empfehlung vom 30.11.2012
Beschluss
Jaromir Czernin, Empfehlung vom 18.3.2011
Beschluss
Deutscher Orden, Empfehlung vom 3.7.2014
Beschluss
Stefan Paul und Vera Dukes, Empfehlung vom 6.7.2017
Beschluss
Hermann Eissler, Empfehlung vom 24.6.2009
Beschluss
Otto Feist, Empfehlung vom 3.5.2013
Beschluss
Siegfried Fuchs, Empfehlung vom 20.4.2012
Beschluss
Leo Fürst, Empfehlung vom 10.10.2000
Beschluss
Frida Gerngross, Empfehlung vom 15.10.2015
Beschluss
Jacques Goudstikker, Empfehlung vom 14.12.2005
Beschluss
Rudolf Gutmann, Empfehlung vom 9.5.2008
Beschluss
Marianne Hamburger-Löw, Empfehlung vom 9.5.2008
Beschluss
Leo Heymann, Empfehlung vom 3.12.2002
Beschluss
Bruno Jellinek, Empfehlung vom 28.9.2007
Beschluss
Ernst Kris, Empfehlung vom 29.6.2021
Beschluss
Moritz Kuffner, Empfehlung vom 10.10.2000
Beschluss
Anton Lanckoronski, Empfehlung vom 27.10.1999
Beschluss
Erich Lederer, Empfehlung vom 10.5.1999
Beschluss
Felix und Josefine Löw-Beer, Empfehlung vom 20.3.2009
Beschluss
Robert Mayer, Empfehlung vom 26.9.2014
Beschluss
Giulietta Mendelssohn, Empfehlung vom 15.5.2023
Beschluss
Alfred Menziles, Empfehlung vom 19.6.2002
Beschluss
Richard Neumann, Empfehlung vom 16.3.2005
Beschluss
Richard Neumann, Empfehlung vom 10.6.2010
Beschluss
Albert Pollak, Empfehlung vom 23.1.2001
Beschluss
Rudolf Raue, Kenntnisnahme vom 26.9.2014
Eduard Reiseneder, Kenntnisnahme vom 15.6.2018
Carl Reininghaus, Empfehlung vom 1.4.2016
Beschluss
Moritz Rothberger, Empfehlung vom 18.6.2003
Beschluss
Moritz Rothberger, Empfehlung vom 20.11.2003
Beschluss
Alphonse, Clarice & Louis Rothschild, Empfehlung vom 11.2.1999
Beschluss
Alphonse, Clarice & Louis Rothschild, Empfehlung vom 28.6.1999
Beschluss
Alphonse und Clarice Rothschild, Empfehlung vom 30.3.2022
Beschluss
Valentine Springer, Empfehlung vom 3.5.2013
Beschluss
Silbermann/Weinstein, Kenntnisnahme vom 7.3.2014
Mary (Marie) Wooster, Kenntnisnahme vom 7.3.2014
Sammlung Zsolnay, Empfehlung vom 26.9.2014
Beschluss
Restitutionsbeschlüsse seit 1998
Aufgeschlüsselt nach den Sammlungen des Hauses ergeben sich folgende Rückgabezahlen (Zählung nach Inventarnummern):
- Antikensammlung: 170
- Archiv: 1
- Bibliothek: 63
- Gemäldegalerie: 22
- Hofjagd- und Rüstkammer: 36
- Kunstkammer: 44
- Münzkabinett: 669
- Sammlung alter Musikinstrumente: 13
Stand: 26.6.2023
Information
Provenienzbeauftragter des Kunsthistorischen Museums:
Dr. Franz Pichorner
franz.pichorner@khm.at
Provienzforscherin im Auftrag der Kommission:
Dr. Monika Löscher
monika.loescher@khm.at
T +43 1 525 24 - 5602
Neue Burg (Archiv)
provenienzforschung.gv.at
www.arbeitskreis-provenienzforschung.org