1508 datiert, Künstler/in: Albrecht Dürer
Im Jahr 1507 bestellte der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise bei Dürer ein Tafelbild mit der Marter der Zehntausend Christen, das für die Schlosskirche seiner Residenzstadt Wittenberg bestimmt war. Das Thema des 1508 vollendeten Gemäldes zeigt sich anscheinend von der vom Kurfürsten zusammengetragenen Riesensammlung von Reliquien in dieser Kirche beeinflusst, unter denen sich auch solche der Zehntausend Christen, ihres Anführers Achatius und des Bischofs Hermolaus befanden. Dieser Bischof, der als Täufer der Zehntausend galt, ist im Mittelgrund links dargestellt, wo zwei Orientalen auf ihn einreden. Hier wie auch anderswo im Bild lässt Dürer die Feinde der Zehntausend Christen in orientalischen Kostümen auftreten, womit es (wie zahllose andere religiöse Werke der Zeit) zugleich das Empfinden einer Bedrohung der Christenheit durch die in Südosteuropa vorrückenden Osmanen spiegelt. Das Thema der Marter der Zehntausend bot sich in dieser Hinsicht als Exempel der Glaubensgewissheit und Opferbereitschaft der Christen geradezu an: So berichtet die mittelalterliche Legende, wie der römische Kaiser Hadrian den heidnischen Fürsten Achatius angeworben habe, mit seinem neuntausend Männer umfassenden Heer gegen Aufständische vorzugehen. Engel versprachen ihnen den Sieg, und als dieser errungen war, trat Achatius samt seinen Soldaten zum Christentum über, wobei sich ihnen noch eintausend von Hadrians Gefolgsmännern anschlossen. Daraufhin wurden sie von Hadrian, nachdem er sich der Unterstützung weiterer Herrscher wie des persischen Königs Sapor versichert hatte, zum Tode verurteilt, doch ertrugen sie standhaft die grauenhaften Martyrien, wie es das Gemälde plastisch schildert. Dürer hat sich auf dem Gemälde selbst im Mittelgrund dargestellt, in Begleitung des erst 1508 verstorbenen Humanisten Konrad Celtis. Indem der Künstler uns anblickt, während sein Freund auf die Gruppe mit Bischof Hermolaus weist, wird der Appell an die christliche Standhaftigkeit dem Betrachter auch explizit vermittelt. Auf einem themengleichen Holzschnitt von 1497/98 hatte Dürer den Kaiser noch als abendländischen Herrscher gezeigt, neben dem ein Osmane als persischer König Sapor erscheint. Auf dem Gemälde dagegen reitet Hadrian als orientalischer Fürst mit einem gewaltigen osmanischen Turban daher und führt in der Rechten einen Streitkolben östlichen Typs mit sich. Abgesehen noch von einem der bereits erwähnten Gesprächspartner des Hermolaus erinnern die sonstigen Orientalen zumeist jedoch primär an die in Ägypten residierenden Mamluken. Solche mamlukischen Kostümelemente halten bei Dürer bezeichnenderweise erst nach seiner Rückkehr von seinem zweiten Aufenthalt in Venedig 1505/07 Einzug in sein Werk. In der Lagunenstadt hatte sich Dürer offenbar von den nur wenig älteren Historienbildern Vittore Carpaccios und Gentile Bellinis inspirieren lassen, in denen ab etwa 1500 erstmalig mamlukische Trachtenmotive neben solchen osmanischen Ursprungs vorkommen. Guido Messling [29.9.2017]
Gemälde
Deutsch
1508 datiert
Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND
Im frühen 19. Jahrhundert von Holz auf Leinwand übertragen
Bildmaß: 99 × 87,5 × 2,5 cm
Rahmenmaße: 122,5 × 111 × 8 cm
Bez. auf dem Schriftzettel in Dürers Hand: Iste fatiebat ano domini 1508 alberto Dürer aleman; und das Monogramm
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie
Gemäldegalerie, 835
1600 von Rudolf II. erworben
Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND
Willibald Pirckheimer (1470 - 1532) - GND
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