Ende 16. Jahrhundert
Beim Bezoar handelt es sich um den Magenstein der asiatischen Bezoarziege oder des südamerikanischen Lamas. Weniger wertvolle Steine gewann man auch von anderen Tieren wie Gämsen und Rindern. Der Bezoar besteht aus verschluckten unverdaulichen Materialien. Sein Name leitet sich vom persischen Wort bâd-sahr her, das Gegengift bedeutet. In der Volksmedizin wurde er als "Stein wider alles Gift", "Gesundstein" und "Magenstein" bezeichnet. Gerieben und in kleinen Mengen einer Flüssigkeit beigefügt, galt der Bezoar im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit als Mittel gegen Vergiftung, Epilepsie, Pest und Melancholie. Der Bezoar konnte aber auch nur in die Flüssigkeit getaucht werden, wozu er eine kostbare Fassung erhielt. Mit kostbaren Goldschmiedearbeiten versehen, stellten Bezoare nicht nur wichtige medizinische Mittel, sondern auch wertvolle Fürstengeschenke dar. Von Rudolf II. ist bekannt, dass er Bezoare als Mittel gegen die Melancholie schätzte. In der Kunst- und Wunderkammer Erzherzog Ferdinands II. hat sich ursprünglich kein Bezoar befunden. Dieser Bezoar stammt aus der kaiserlichen Schatzkammer in Wien. Er ist auffallend groß und weist eine annähernd sphärische Form auf. Die vier goldenen Filigranbänder seiner Fassung stellen vegetabile Motive dar und sind mit feinen, spiralig gedrehten Golddrähten gesäumt. Zwei Rosetten mit 44 Blütenblättern aus Goldfiligran bilden die gegenüberliegenden Polkappen. Obenauf sitzt eine kleine Rosette, an der ein - ebenfalls aus Goldfiligran bestehender - Haltering befestigt ist. Durch die Filigranfassung mit ihren zahlreichen Öffnungen konnte der Bezoar besser seine Kräfte an die Flüssigkeit abgeben, in die er getaucht wurde. Daher waren Fassungen aus Gold- oder Silberfiligran im 16. und 17. Jahrhundert bei Bezoaren weit verbreitet.
Bezoar
Fassung: Ormuz
Ende 16. Jahrhundert
H. 9 cm (ohne Ring)
Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer
Kunstkammer, 996
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