um 1200
Der Globus besteht aus dünnen Goldblechen, gefüllt mit einer Harzmasse, die der getriebenen Hohlform Festigkeit verleiht. Juwelen und Filigran besetzen die vier einander kreuzenden Bänder und den oberen Pol des Globus sowie das darüber stehende Kreuz mit den lilienförmigen Balkenenden. Im Zentrum der einen Kreuzseite sitzt ein spätantiker Siegelstein; im übrigen gleichen einander die beiden Kreuzseiten. Die ursprünglich vorhandenen, entlang der Äquatorialspangen des Globus montierten Perlenreihen gingen verloren. Im Altertum hatte die Kugelform eine dreifache Bedeutung: Sie war Abbild des Kosmos wie der Erde und versinnbildlichte die Idee der Weltherrschaft. Mit dem aufgesetzten Kreuz erfuhr das Herrschaftszeichen eine Umdeutung in christlichem Sinn. Der vom Kreuz überhöhte Reichsapfel steht für die Herrschaft Christi über die vier damals bekannten Erdteile. So kommt auch im Reichsapfel - wie schon in der Reichskrone und dem Reichskreuz - die zentrale Idee von Christus als Herrscher über die Welt und dem Kaiser als seinem Stellvertreter zum Ausdruck. Schon die Karolinger ließen sich nach frühbyzantinischem Vorbild mit solch einer imperialen Insignie darstellen; ab dem 11. Jahrhundert sind Reichsäpfel aus unedlem Material als Grabbeigaben überliefert. Bis ins 18. Jahrhundert lagen bei den Reichskleinodien drei Reichsäpfel; zwei gingen 1796 bei ihrer Bergung vor den Revolutionstruppen verloren. Stilistische Gründe legen nahe, den erhaltenen Reichsapfel in das ausgehende 12. Jahrhundert zu datieren und Köln als wahrscheinlichsten Entstehungsort anzunehmen. Unklar ist, ob diese Insignie für einen staufischen Herrscher angefertigt wurde - in Betracht kämen Heinrich VI. (Krönung 1191) und Philipp von Schwaben (Krönung in Mainz 1198) - oder ob sie für den Rivalen des letzteren, den Welfen Otto IV. (Krönung in Aachen 1198), gearbeitet worden ist.
Insigne; Reichsapfel
Köln (?)
um 1200
Gold, Edelsteine, Perlen
H. 21 cm, Dm. 9,5 cm, Gewicht 522 g
Kunsthistorisches Museum Wien, Weltliche Schatzkammer
Schatzkammer, WS XIII 2
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