2. Hälfte 16. Jahrhundert
Der hochrechteckige Holzkasten ist innen mit schwarzem Samt ausgeschlagen, die Seitenwände sind im unteren Drittel mit Spiegeln versehen und an der Decke wurde mit Goldfarbe ein Sternenhimmel gemalt. Unter und hinter einer aus Glas gestalteten Wasserfläche ist aus zerschnittenen, teilweise goldgeränderten Muscheln sowie roten und rosafarbenen Korallen eine Meeresgrotte aufgebaut, vor der sich mythologische Figuren und Seeungeheuer aus Koralle tummeln. Ihre Anzahl stimmt nicht genau mit den Angaben im Inventar von 1596 überein: In der Nautilus-Muschel, "ain perlmueter, gestalt wie ein schif", in der eine weibliche Figur mit Perlenkette steht, befanden sich ursprünglich vier weitere Korallenfiguren. Um dieses Schiff herum sind verschiedene Hippokampen, Delphine und Drachen samt Reitern angeordnet. Dieses dem Element Wasser verhaftete mythologische Programm wurde jedoch zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar noch vor dem Inventar von 1788, stark verändert: Aus anderen, vermutlich beschädigten Kabinettschränken wurden die Christusfigur auf dem Korallenzweig in der Mitte, der Kentaur und das Kind hinter der Nautilusmuschel übernommen und integriert. Das ursprüngliche Programm kann daher nur mit Vorsicht als Festzug der Galatea oder der Venus Marina interpretiert werden. Zusätzlich zu den Korallen enthält dieser Kabinettschrank Muscheln aus dem südpazifischen Raum, zarte, vermutlich in der Innsbrucker Glashütte produzierte Glasgewächse und eine bronzene Eidechse, die vermutlich im Kreis des Jamnitzer in Nürnberg entstanden ist. Erzherzog Ferdinand II. hat 1581 vom genuesischen Handelsmann Baptist Sermino um 1500 Gulden und 1590 vom venezianischen Kaufmann Baptist Vialla um 300 Kronen Korallen gekauft (Schönherr 1893, CLXXXIX, Reg. 10.924; Schönherr 1896, X, Reg. 14.148). Erst in Innsbruck oder München dürften die aus Italien importierten Korallen mit Muscheln, Glas u. a. zu derartigen Kabinettschränken zusammengefügt worden sein. Das Inventar von 1596 beschreibt sieben Kabinettschränke mit Korallen. Einen noch größeren Bestand an diesen Dioramen ähnelnden Korallenkästen besaß Ferdinands Neffe, Herzog Wilhelm V. von Bayern.
Kabinettschrank mit Korallen, Korallenkabinett
Süddeutsch, Genua
2. Hälfte 16. Jahrhundert
Holz, Perlen, Perlmutter, Korallen, Gips, Spiegelglas, Samt, Glas, Goldborten, Bronze, Lapislazuli, Vergoldung
H. 66 cm, B. 55 cm, T. 56,2 cm
Schloss Ambras Innsbruck
Schloss Ambras Innsbruck, PA 961
Inventar 1596, K 12, fol.415;
Inventar 1621, fol. 230
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