Neuzeitlich, Abguss des 16. Jh. nach römischem Original
1986 erbrachte ein Forschungsprojekt zur Guss- und Formtechnik des Jünglings vom Magdalensberg ein überraschendes Ergebnis: Die Statue, die als der bedeutendste römerzeitliche Bodenfund im Ostalpenraum gegolten hatte, ist nicht das vermeintliche antike Original, sondern ein Abguss aus dem 16. Jahrhundert. Das Original wurde 1502 von einem Bauern beim Pflügen am Magdalensberg in Kärnten gefunden. Durch den Erzbischof Matthäus Lang von Wellenburg gelangte die Statue nach Salzburg, bereits 1534 erschien als erste Abbildung des Jünglings ein Holzschnitt. 1551 entsprach das Salzburger Domkapitel dem Wunsch Ferdinands I. und übergab die Statue dem König. Für Salzburg ließ man einen Abguss anfertigen, doch scheint das Wissen um diesen Vorgang in Vergessenheit geraten zu sein, sodass der Abguss, der 1806 in die Wiener Antikensammlung gelangte, für das antike Original gehalten wurde. Dieses ist leider verschollen, doch führen Spuren nach Spanien (Aranjuez), wo sich ab dem 17. Jahrhundert ein Doppelgänger des Jünglings (das Original?) befand, der in den Wirren der Napoleonischen Kriege in Verlust geraten ist. Wesentliche Beweise, dass es sich beim Jüngling um einen Renaissance-Abguss handelt, liegen in der Guss- und Formtechnik, die von der in der Antike üblichen abweicht, sowie in Analysen der Legierung und des Gusskerns. Das Original gilt als Werk der römischen Idealplastik aus dem 1. Jh. v. Chr., die sich an klassischen griechischen Skulpturen orientierte. Der Inschrift am rechten Oberschenkel zufolge, die man auch am Original voraussetzen muss, haben zwei Freigelassene, Aulus Poblicius Antiocus und Tiberius Barbius Tiberi[a]nus, die Statue auf dem Magdalensberg gestiftet.
Statue
Neuzeitlich
Abguss des 16. Jh. nach römischem Original
Magdalensberg , Kärnten, Österreich
Bronze, Hohlguß
H. 185 cm
Kunsthistorisches Museum Wien, Antikensammlung
Antikensammlung, VI 1
Salzburg, Residenz; 1806 Übernahme
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