1518, Künstler/in: Albrecht Altdorfer
Die Grablegung nahm zusammen mit der Auferstehung Christi (GG 6796) ursprünglich die Außenseiten der Predellenflügel eines Altarretabels ein, das von Propst Peter Maurer (1508–1546) für das Augustinerchorherrenstift St. Florian in Oberösterreich gestiftet wurde. Wann der Regensburger Maler den Auftrag für den Gemäldeschmuck des Retabels erhielt, der neben den beiden Wiener Bildern die heute noch in St. Florian befindlichen, auf zwölf Einzeltafeln geteilten Flügel des Altaraufsatzes umfasste, bleibt offen; die originale Jahreszahl 1518 auf der Auferstehung dürfte immerhin den Abschluss der Arbeiten festhalten. Umstritten ist, ob zwei weitere am Bestimmungsort erhaltene Tafeln, die etwas größer als die Wiener Passionsszenen sind und Peter Maurer in Verehrung der hll. Margarethe und Barbara zeigen, als Standflügel zur Predella gehörten. Während die Schnitzwerke des Schreines, der Innenseiten der beiden Innenflügel und der Predella verloren gingen, lässt sich die Anordnung der zwölf Gemälde in St. Florian auf den jeweils in zwei Register unterteilten Außen- und Innenflügeln verlässlich rekonstruieren: Bei geschlossenen Außenflügeln präsentierten sich vier Szenen aus dem Leben des hl. Sebastian, bei ihrer Öffnung acht Szenen aus der Passion Christi. An die letzte Darstellung dieser Folge, der Kreuzigung, schlossen chronologisch die einst darunter in der Predellenzone gezeigten Tafeln der Grablegung und der Auferstehung an, die rückseitig noch Spuren von Reliefs tragen. Beide Szenen fallen zunächst durch den äußerst ungewöhnlichen Standpunkt auf, den sie dem Betrachter zuweisen: Er schaut jeweils von einer annähernd gleichen Position aus der Grabeshöhle heraus auf beide Episoden, deren intimer Zeuge er damit wird. Auf der Grablegung wenden sich ihm Maria und Johannes sogar unmittelbar zu: Riesenhaft im Vordergrund am linken Bildrand stehend, fungieren sie als Einleitungsfiguren, die an sein Mitgefühl appellieren und, wie die pathetische Geste der Gottesmutter direkt vorführt, zugleich den Blick auf die Beisetzung selbst lenken. Diese erscheint zwar nur ein wenig in die Bildtiefe gerückt, doch erzeugen die abrupten Größensprünge, die sowohl zwischen den Trauernden im Vordergrund zu den um den Sarkophag Versammelten als auch innerhalb dieser Gruppe selbst bestehen, einen Tiefensog. Dieser Effekt stellt sich zugleich durch den stark verkürzten Sarkophag mit dem Leib des Verstorbenen ein, der uns die nackten Fußsohlen entgegenstreckt. Winzig klein inmitten der friedvollen, in mildes Abendlicht getauchten Landschaft erscheint noch Golgatha, der Ort der Kreuzigung, auf den einer der Anwesenden hinweist. Ganz anders die Stimmung auf dem zweiten Flügel, auf dem aus nur leicht verändertem Blickwinkel die Auferstehung Christi gezeigt wird. Der Blick fällt nun über die Rückenfiguren zweier sitzender Grabwächter hinweg auf Christus, der mit der Siegesfahne und von Engeln umgeben auf dem geschlossenen Sarkophag steht. Seine überirdische Natur kommt aber auch in seinem weißlich schimmernden Leib zum Ausdruck, der die nächtliche Höhle in ein helles Licht taucht. Das dominierende Bildelement bildet jedoch sicher der spektakulär inszenierte, in glühenden Farben getauchte Morgenhimmel, in dem das wundersame Geschehen widerhallt. So scheint er eher vom goldenen Heiligenschein des Auferstandenen beleuchtet zu werden als von der Sonne, die ganz links gerade aufgeht, während sich die dramatisch flatternden Bahnen des Grabtuches wie selbstverständlich in den unruhig-quellenden Wolkenbahnen fortsetzen. [Guido Messling, nach: Ausst.-Kat. Fantastische Welten, Frankfurt/Wien 2014/15, München 2014, Kat.-Nr. 76]
Gemälde
Deutsch
1518
Albrecht Altdorfer (um 1480 - 1538 Regensburg) - GND
Fichtenholz
Bildmaß: 70,5 × 37,3 cm
Rahmenmaße: 83 × 50 × 3 cm
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie
Gemäldegalerie, 6427
Außenseite des linken Predellenflügels des Sebastian-Altars, der 1508 von Probst Peter Maurer für die Stiftskirche St. Florian gestiftet wurde; 1923 aus Stift St. Florian erworben;
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