um 1450 (Hentzen: um 1475/1485), Besitzer/in: Kurfürst Friedrich I. Sohn des Ludwig III. von der Pfalz
Dieser Harnisch ist ein Hauptwerk der Mailänder Plattnerkunst des 15. Jahrhunderts. Er entstand um 1450 als Auftrag von Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz in der Werkstatt von Tomaso Missaglia unter der Beteiligung mehrerer weiterer Meister. Neben Tomasos eigener Firmen- und Meistermarke finden sich auf dem Harnisch auch die Schmiedezeichen dreier weiterer Plattner, jene von Antonio Missaglia, Innocenzo da Faerno und Antonio Seroni.
Eine Arbeitsteilung dieser Art war in Mailand, dem zu jener Zeit europaweit führenden Zentrum der Plattnerkunst, üblich. Plattner spezialisierten sich auf die Produktion bestimmter Harnischteile – Helme, Handschuhe, Beinzeug – und konnten so in Gemeinschaftsarbeit effizienter produzieren. Das einheitliche Erscheinungsbild des vorliegenden Harnischs illustriert wie professionell diese Kooperation funktionierte.
Stilistisch lässt sich Kurfürst Friedrichs Harnisch in die Mitte des 15. Jahrhunderts datieren. Friedrich dürfte ihn wohl aus Anlass seines Regierungsantrittes in der Pfalz im Jahr 1449 in Auftrag gegeben haben. Heftige Hiebspuren am Helm zeugen von dessen tatsächlichem Gebrauch im Kampf.
Der Harnisch weicht jedoch in mehreren Details von der in Italien üblichen Form ab. So ist der Helm als Grand Bascinet ausgeführt, als voluminöser Kopfschutz mit Rundvisier, der in Frankreich, nicht aber in Italien, verbreitet war. Die Schultern sind symmetrisch ausgeführt und mit einem Paar Rundscheiben ausgestattet. Italienische Harnische boten dem rechten – dem das Schwert führenden – Arm durch ein verkleinertes Schulterstück mehr Bewegungsraum.
Die zum Harnisch gehörenden Steigbügel sind mit überlangen Spitzen ausgestattet, die die vor allem nördlich der Alpen verbreiteten modischen Schnabelschuhe imitieren. Der Harnisch ist somit einer jener Exportharnische »alla francese« (nach französischer Art), die die Mailänder Plattner den Vorlieben ihrer Kundschaft entsprechend schufen. Sie produzierten auch Harnische nach deutscher Art (»alla tedesca«).
Harnisch
Mailand
um 1450 (Hentzen: um 1475/1485)
Kurfürst Friedrich I. Sohn des Ludwig III. von der Pfalz (1425 - 1476) - GND
Tomaso & Antonio Negroni da Ello, gen. Missaglia , (Plattner) (1430 - 1452 tätig in Mailand)
Eisen, geschmiedet, getrieben, teils gelocht (Visier). Nietkappen, Schnallen: Messing. Ringpanzergeflecht: Eisen. Leder (teils modern). Textil (fragmentarisch erhalten): Samt.
H (inkl. Eisenplatte) 193cm x B 90 cm x T 81 cm
Gesamtgewicht exkl. Figurine, exkl. Eisenplatte: 31,04 kg
keine
keine
Y unter Rufhorn (Pier Inocenzo Faerno?)
AN unter Rufhorn (Antonio Missaglia)
M unter Sparrenkreuz (Tomaso Missaglia)
MY unter Krone (Tomaso Missaglia)
AN unter Sparrenkreuz (Antonio Seroni)
SE unter Krone (Antonio Seroni)
- Helm, rechts vorne: M unter Sparrenkreuz; MY unter Krone; M unter Sparrenkreuz; links hinten: M unter Sparrenkreuz; MY unter Krone; rechts hinten: MY unter Krone; M unter Sparrenkreuz; rechts am Visier: MY unter Krone; M unter Sparrenkreuz; rechts oben auf Kinnstück (unter Visier): MY unter Krone; rechts auf oberem Halsstück: M unter Sparrenkreuz; MY unter Krone
- Brust, oben seitlich je AN unter Rufhorn; vorne oben: Y unter Rufhorn
- Rücken, oben mittig: AN unter Rufhorn; Y unter Rufhorn; AN unter Rufhorn
- untere Brust, rechte Seite: AN unter Rufhorn; Y unter Rufhorn; AN unter Rufhorn
- oberste vier Bauchreifen, je rechts: 2x AN unter Rufhorn
- unterster Baureifen, vorne mittig: 2x AN unter Rufhorn
- Beintaschen vorne: je 2x AN unter Rufhorn
- unter
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer
Hofjagd- und Rüstkammer, A 2
Permalink (zitierbarer Link) zu dieser Seite: www.khm.at/de/object/372283/
Viele unserer Objekte sind auf der Suche nach Paten. Mit einer Kunstpatenschaft tragen Sie dazu bei, die Schätze der Kunstgeschichte für die Zukunft zu bewahren.
Als Kunstpate fördern Sie mit Ihrer Spende direkt und nachhaltig die wissenschaftliche Dokumentation, Erforschung, Restaurierung und Präsentation der Kunstbestände des Kunsthistorischen Museums Wien.