um 1560, Besitzer/in: Erzherzog Ferdinand II. Sohn des Ferdinand I. von Habsburg Österreich, Landesherr von Tirol
Unter den wenigen noch existierenden Korallensäbeln der Renaissance kann dieser ohne Zweifel als der prachtvollste angesehen werden. Er ist mit einem massiven Stück roter Koralle als Griff und Parierstange ausgestattet. Säbel dieser Art dienten nie einer praktischen Verwendung im Kampf. Sie waren Kunstkammerstücke, kostbare, seltene und fragile Objekte, die Bewunderung und Erstaunen hervorrufen sollten.
Den Metamorphosen (4, 740–752) von Ovid (43 v. Chr.–17 n. Chr.) zufolge entstand die Koralle, als Perseus den Kopf der besiegten Medusa auf Laub und Meerespflanzen ablegte und diese das Blut des Ungeheuers aufsaugten und so auch dessen mythische Kräfte annahmen. »Eben diese Eigenschaft«, meint Ovid, »haben noch heute die Korallen, dass sie bei der Berührung mit Luft hart werden, so dass, was unter dem Wasserspiegel Pflanze ist, oberhalb zu Stein wird.«
Die Klassifizierung der Koralle als Pflanze oder Stein (griech. Lithodendron, Steinbaum) war bereits im 16. Jahrhundert widerlegt. Doch der Glaube an die ihr zugeschriebenen apotropäischen Kräfte hielt sich hartnäckig. Vor allem die rote Koralle sollte vor Hagel und Unwetter schützen. Sie soll auch böse Geister und Gespenster abgehalten haben und sogar gegen den sogenannten Bösen Blick geholfen haben, den Unheil oder sogar Tod bringenden Blick eines mit magischen Kräften ausgestatteten Menschen.
Auch die leicht gebogene Klinge des vorliegenden Korallensäbels ist in Bezug auf die antike Tradition zu verstehen. Perseus’ Schwert hatte eine »gebogene Klinge (»Sichelschwert«; Metamorphosen 4, 727). Schwerter dieser Art – der sogenannte Coltelaggio (ital.: »langes Messer«), eine Schwertform der Frührenaissance – galten aus diesem Grund im 16. Jahrhundert fälschlicherweise als antik und wurden bei festlichen Umzügen als Teil antikisierender Verkleidungen getragen.
Säbel
Deutsch
um 1560
Klinge: Eisen, geschmiedet, teils geätzt. Ätzdekor: teils feuervergoldet. Griff: Korallenast, gefasst. Fassung: Silberblech, teils ziseliert, teils graviert,
feuervergoldet. Korallencabochons. Scheide: Holz. Textil (Seidensamt). Silber, teils gegossen, teils ziseliert, teils graviert, feuervergoldet.
Korallencabochons.
Säbel: L 83 cm x B 22,7 cm x T 5,5 cm
Gewicht Säbel: 1,00 kg
Scheide: L 66,6 cm x B 6,3 cm x T 2,6 cm
Gewicht Scheide: 0,25 kg
Klinge: einseitig zweimal drei Klingenschmiedzeichen (Stern und gekröntes A)
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer
Hofjagd- und Rüstkammer, A 791
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