Das Projekt ist eine Zusammenarbeit des Instituts für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik der Universität Wien, der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Computer Vision Lab (CVL) der TU Wien und wird von der Etruskologin Univ.-Prof. Mag. Dr. Petra Amann (Universität Wien) geleitet.
Über 3.000 Bronzespiegel sind derzeit bekannt. Sie bestehen aus einer speziellen Legierung und besitzen eine blank polierte Seite, die als Spiegel diente. Ihre Produktionszeit verläuft von der 2. Hälfte des 6. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. Dieser Zeitraum verdeutlicht in anschaulicher Weise die Entwicklung von anfangs herausragenden Beispielen für die hohe Handwerkskunst der Etrusker in der Bronzeverarbeitung bis hin zur Massenproduktion in den letzten zwei bis drei Jahrhunderten. Innerhalb der Gruppe existieren unterschiedliche Formen, wie z.B. Griffspiegel oder Klappspiegel mit Reliefverzierung. Ein Großteil der Griffspiegel zeigt auf der Rückseite Darstellungen in Linienzeichnung, die Szenen aus der (meist) griechischen Mythologie wiedergeben. Diese können durch Beischriften in etruskischer Sprache ergänzt sein. Die Bilder bereichern in vielfältiger Hinsicht unser Wissen über die Kultur der Etrusker, insbesondere zur Kunstgeschichte, aber auch zu Religion und Mythos sowie zur Sozialgeschichte.

Griffspiegel praenestinischer Form: Kopf einer Frau mit..., 2. Hälfte 4. Jh. v. Chr., Inv. Nr. ANSA VI 1708
Der Spiegel zeigt einen Frauenkopf in Dreiviertelansicht, geschmückt mit einem Halsreif und einem großen Ohrgehänge aus einer halbrunden Scheibe und traubenförmig angeordneten Kugeln. Ein aufsteigender Blätterkranz mit einer Blüte und mit Beeren rahmt das Bild. Der mitgegossene Griff endet in Form eines Rehkopfes. Aufgrund der birnenähnlichen Form der Scheibe kann der Spiegel Werkstätten aus dem südöstlich von Rom gelegenen Praeneste (heute Palestrina) zugeschrieben werden.
Titel:
Griffspiegel praenestinischer Form: Kopf einer Frau mit traubenförmigem Ohrschmuck und Halsreif
Zeit:
2. Hälfte 4. Jh. v. Chr.

Griffspiegel praenestinischer Form: Peleus und Thetis, 2. Hälfte 4. Jh. v. Chr., Inv. Nr. ANSA VI 1695
Titel:
Griffspiegel praenestinischer Form: Peleus und Thetis
Zeit:
2. Hälfte 4. Jh. v. Chr.

Griffspiegel praenestinischer Form, , Inv. Nr. ANSA VI 1707
Titel:
Griffspiegel praenestinischer Form
Der Beginn der Erforschung der etruskischen Spiegel erfolgte bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts doch erst seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts werden die in Museen oder vergleichbaren Sammlungen verwahrten Exemplare systematisch untersucht und in einer wissenschaftlichen Reihe, dem Corpus Speculorum Etruscorum, einheitlich publiziert. Die einzelnen Bände sind nach Land und Museum (bzw. Sammlung) geordnet und erscheinen in unregelmäßigen Abständen; aktuell liegen 35 Bände vor. Bisher ist eine Präsentation der etruskischen Spiegel in Österreich in dieser renommierten Reihe ausstehend.
Ziel des Projektes ist es, diese Lücke zu schließen und die etwa 60 etruskischen Spiegel, die in österreichischen Museen und Sammlungen zu finden sind, in wissenschaftlich umfassender Weise herauszugeben. Hierzu zählt auch die grafische Darstellung der Objekte mit Hilfe neuester Techniken digitaler Bilddokumentation, wobei in Zusammenarbeit mit dem CVL der TU Wien exakte Umzeichnungen aus 3D-Scans erstellt werden sollen. Ein Großteil der Spiegel (Griff- und Klappspiegel) befindet sich in der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien, darunter auch frühe Exemplare sowie solche mit Inschriften oder seltenen mythologischen Szenen; zum Teil handelt es sich um bisher unpublizierte Stücke.
Projektleitung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Petra Amann, Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik der Universität Wien
Kooperationspartner
- Kunsthistorisches Museum Wien, Antikensammlung
- Computer Vision Lab (CVL), TU Wien
Projektmitarbeit
- Mag. Karoline Zhuber-Okrog, Antikensammlung
- Mag. Bettina Vak, Antikensammlung
- Dr. Martina Grießer, Naturwissenschaftliches Labor
- Dr. Katharina Uhlir, Naturwissenschaftliches Labor
- Sindy Kluge, M.A., Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Univ. Wien
- Simon Brenner, MSc, Computer Vision Lab (CVL), TU Wien
- Mag. Brigitte Boll, freie Restauratorin
Finanzierung
- FWF – Der Wissenschaftsfonds (P33721)
- KHM-Museumsverband
Projektlaufzeit
2021 – 2025
Publikationen
- Karoline Zhuber-Okrog, Hier stimmt doch etwas nicht! Vier angeblich etruskische Spiegel in der Wiener Antikensammlung, in: Monica Baggio – Elisa Bernard – Monica Salvadori – Luca Zamparo (Hgg.), Anthropology of Forgery. A multidisciplinary approach to the study of archaeological fakes, Antenor Quaderni 46, Padua 2019, 77–86
- Karoline Zhuber-Okrog, Etruskische Spiegel der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien, in: Marion Meyer – Verena Gassner, Standortbestimmungen. Akten des 12. Österreichischen Archäologentages vom 28.2. bis 1.3.2008 in Wien, Wien 2010, 147–150