Ansichtssache #16
Ein Kaufmann in der Gunst des Kaisers
Christoph Amberger, Ulrich Ehinger und seine Ehefrau, Ursula Meuting
Seit langem waren sie den Blicken der Öffentlichkeit verborgen: Mit der Ansichtssache #16 rücken wir ab dem 22. Juli zwei frühe Bildnisse des Augsburger Renaissance-Malers Christoph Amberger (Kaufbeuren um 1500/05 – 1562 Augsburg) in den Fokus, die den Patrizier Ulrich Ehinger und dessen Frau Ursula, eine geborene Meuting, zeigen. Amberger, der in seinen besten Werken Einflüsse oberitalienischer Malkultur mit der heimischen Tradition verschmolz, zählt heute zu den herausragenden deutschen Malern der Generation nach Dürer. Doch nicht nur der Künstler, von dessen Werken das Kunsthistorische Museum die größte Sammlung weltweit besitzt, verdient Beachtung, sondern auch die beiden Dargestellten selbst, deren Identität erst vor wenigen Jahren gelüftet werden konnte. So gehörte Ulrich (Konstanz 1485 – 1537 Valladolid) zusammen mit seinem älteren Bruder Heinrich zu den bekanntesten süddeutschen Kaufleuten in Spanien. Dort waren beide lange im Auftrag der Augsburger Familie Welser tätig, die zu den wichtigsten Finanziers des notorisch klammen Karl V. (seit 1519 Kaiser, seit 1516 auch spanischer König) gehörte.
Entstanden um 1531/33, streichen die Bildnisse gerade den hohen gesellschaftlichen Status heraus, den sich Ulrich insbesondere durch seine Finanz- und Handelsgeschäfte mit der spanischen Krone erworben hatte. Besonders auffällig ist das Jakobskreuz auf seiner Brust, das ihn als Ritter des Santiago-Ordens (span. Santiago [eigentlich Sant Jago], „hl. Jakob“) ausweist, dem Karl V. als Großmeister vorstand. Selbst die an eine Jakobsmuschel erinnernde Silberdose, die geöffnet vor Ursula (Augsburg um 1507 – 1588 Augsburg) auf der Brüstung liegt, könnte als Verweis auf diesen exklusiven spanischen Kronenorden gelesen werden, dem auch die Ehefrauen der Ritter als Mitglieder angehörten.
Mit der aus einer der angesehensten Augsburger Kaufmannsfamilien stammenden Ursula hatte sich Ehinger bereits 1530 vermählt; spätestens 1533 nahm er sich auch einen Wohnsitz in der Heimatstadt seiner Ehefrau. Die Ergebenheit des Ehepaares gegenüber Karl V. erklärt anscheinend auch die bemerkenswerten Motivzitate aus zwei Bildnissen dieses Herrschers, die Amberger 1530 (nur in Kopien überliefert) und 1532 (Berlin, Staatliche Museen) geschaffen hatte. Nicht zuletzt ist Ulrichs Bildnis noch durch die Bisamapfeluhr in seiner Linken bemerkenswert, enthält es doch damit eine der frühesten Darstellungen einer Taschenuhr überhaupt.
Die Ansichtssache #16 zeigen wir noch einmal im Saal XV inmitten der Hauptwerke der altdeutschen Malerei, wo derzeit auch noch die Ansichtssache #15, Cranachs Judith mit dem Haupt des Holofernes, zu sehen ist. Auch die nächste Ansichtssache, ein Gemälde des Venezianers Jacopo Bassano, wird sich wieder im passenden Kontext präsentieren, doch damit den jetzigen Ort verlassen und in einen der Säle der italienischen Renaissancemalerei wandern.
Information
22. Juli 2016
bis 27. November 2016