Highlights der Altdeutschen Malerei
Die altdeutsche Malerei der Renaissance entwickelte sich unter dem Einfluss der Altniederländer. Albrecht Dürer brachte aber auch schon Elemente der italienischen Renaissance mit nach Deutschland. Religiöse Andacht, emotionale, manchmal auch bizarre Ausdruckskraft sind die Merkmale der Altdeutschen Malerei. Auch die Landschaft wird hier zum einem Träger von Ausdruck und Emotionen. Dürer, Cranach, Holbein und Altdorfer schufen eine Welt von Fantastik in einer Zeit des Umbruchs.

Gemälde: Auferstehung Christi 1518

Die Auferstehung nahm zusammen mit der Grablegung Christi (GG 6427) ursprünglich die Außenseiten der Predellenflügel eines Altarretabels ein, das von Propst Peter Maurer (1508–1546) für das Augustinerchorherrenstift St. Florian in Oberösterreich gestiftet wurde. Wann der Regensburger Maler den Auftrag für den Gemäldeschmuck des Retabels erhielt, der neben den beiden Wiener Bildern die heute noch in St. Florian befindlichen, auf zwölf Einzeltafeln geteilten Flügel des Altaraufsatzes umfasste, bleibt offen; die originale Jahreszahl 1518 auf der Auferstehung dürfte immerhin den Abschluss der Arbeiten festhalten. Umstritten ist, ob zwei weitere am Bestimmungsort erhaltene Tafeln, die etwas größer als die Wiener Passionsszenen sind und Peter Maurer in Verehrung der hll. Margarethe und Barbara zeigen, als Standflügel zur Predella gehörten. Während die Schnitzwerke des Schreines, der Innenseiten der beiden Innenflügel und der Predella verloren gingen, lässt sich die Anordnung der zwölf Gemälde in St. Florian auf den jeweils in zwei Register unterteilten Außen- und Innenflügeln verlässlich rekonstruieren: Bei geschlossenen Außenflügeln präsentierten sich vier Szenen aus dem Leben des hl. Sebastian, bei ihrer Öffnung acht Szenen aus der Passion Christi. An die letzte Darstellung dieser Folge, der Kreuzigung, schlossen chronologisch die einst darunter in der Predellenzone gezeigten Tafeln der Grablegung und der Auferstehung an, die rückseitig noch Spuren von Reliefs tragen.
Beide Szenen fallen zunächst durch den äußerst ungewöhnlichen Standpunkt auf, den sie dem Betrachter zuweisen: Er schaut jeweils von einer annähernd gleichen Position aus der Grabeshöhle heraus auf beide Episoden, deren intimer Zeuge er damit wird. Auf der Grablegung wenden sich ihm Maria und Johannes sogar unmittelbar zu: Riesenhaft im Vordergrund am linken Bildrand stehend, fungieren sie als Einleitungsfiguren, die an sein Mitgefühl appellieren und, wie die pathetische Geste der Gottesmutter direkt vorführt, zugleich den Blick auf die Beisetzung selbst lenken. Diese erscheint zwar nur ein wenig in die Bildtiefe gerückt, doch erzeugen die abrupten Größensprünge, die sowohl zwischen den Trauernden im Vordergrund zu den um den Sarkophag Versammelten als auch innerhalb dieser Gruppe selbst bestehen, einen Tiefensog. Dieser Effekt stellt sich zugleich durch den stark verkürzten Sarkophag mit dem Leib des Verstorbenen ein, der uns die nackten Fußsohlen entgegenstreckt. Winzig klein inmitten der friedvollen, in mildes Abendlicht getauchten Landschaft erscheint noch Golgatha, der Ort der Kreuzigung, auf den einer der Anwesenden hinweist.
Ganz anders die Stimmung auf dem zweiten Flügel, auf dem aus nur leicht verändertem Blickwinkel die Auferstehung Christi gezeigt wird. Der Blick fällt nun über die Rückenfiguren zweier sitzender Grabwächter hinweg auf Christus, der mit der Siegesfahne und von Engeln umgeben auf dem geschlossenen Sarkophag steht. Seine überirdische Natur kommt aber auch in seinem weißlich schimmernden Leib zum Ausdruck, der die nächtliche Höhle in ein helles Licht taucht. Das dominierende Bildelement bildet jedoch sicher der spektakulär inszenierte, in glühenden Farben getauchte Morgenhimmel, in dem das wundersame Geschehen widerhallt. So scheint er eher vom goldenen Heiligenschein des Auferstandenen beleuchtet zu werden als von der Sonne, die ganz links gerade aufgeht, während sich die dramatisch flatternden Bahnen des Grabtuches wie selbstverständlich in den unruhig-quellenden Wolkenbahnen fortsetzen.
[Guido Messling, nach: Ausst.-Kat. Fantastische Welten, Frankfurt/Wien 2014/15, München 2014, Kat.-Nr. 76]
Titel:
Auferstehung Christi
Zeit:
1518

Gemälde: Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen um 1513/14

Leonhard Beck war vorwiegend als Zeichner für den Holzschnitt tätig. 1512 bis 1518 arbeitete er für eine Serie von illustrierten
Prachtdrucken, die Kaiser Maximilian I. in Auftrag gegeben
hatte. Die Darstellung der Georgslegende mit der
Befreiung der von einem Drachen gefangen gehaltenen Prinzessin
ist vom gleichen Geist eines spätmittelalterlichen Rittertums
erfüllt wie die für Maximilian bestimmten Werke. Das
Hauptmotiv des Drachenkampfs vorne wird von vorher und
nachher spielenden Nebenszenen im Hintergrund begleitet.
Titel:
Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen
Zeit:
um 1513/14

Gemälde: Bildnis eines Ordensritters 1531 datiert

Bruyn vermittelt in seinen zahlreichen Porträts ein lebendiges Bild des Bürgertums seiner Heimatstadt Köln und des niederrheinischen Adels. Seine Werke sind vor allem von der niederländischen Malerei beeinflusst. Durch Totenschädel, Sanduhr und die lateinische Inschrift wird auch der Betrachter an die Vergänglichkeit des Daseins erinnert.
Titel:
Bildnis eines Ordensritters
Zeit:
1531 datiert

Gemälde: Kreuzigung Christi um 1500/01

Die kleinformatige, wohl der Privatandacht dienende Tafel stammt aus der ersten bekannten Schaffenszeit Cranachs, die der Künstler, bevor er 1504/5 an den Wittenberger Hof Kurfürst Friedrichs des Weisen von Sachsen wechselte, in Wien verbrachte. Dort bewegte er sich, wie einige namentlich fassbare Auftraggeber belegen, im Kreis der Humanisten um Konrad Celtis, und im dortigen Schottenstift befand sich das Gemälde auch, als es ihm Anfang des 20. Jahrhunderts zugeschrieben werden konnte.
Neuartig ist bei der Schottenkreuzigung nicht so sehr die kompositionelle Anlage als „volkreicher“ Kalvarienberg mit Christus im Zentrum und schräggestellten Schächerkreuzen, wenngleich der Maler sowohl mit den genagelten (und nicht gebundenen) Verbrechern als auch dem Rückgriff auf einen archaischen Christustypus ikonographisch ungewöhnliche, vielleicht auf den unbekannten Auftraggeber zurückgehende Lösungen wählt. Neuartig ist vielmehr die expressive, pathosgeladene Sprache des Bildes, die schlagend in den kühn verkürzten, sackartigen Leibern der Schächer zum Ausdruck kommt – für sie fand Cranach in zwei großen, annähernd zeitgleichen Kreuzigungs-Holzschnitten sogar noch exzentrischere Lösungen. Dieselbe erregte Stimmung bestimmt aber auch die Schar zu Füßen der Kreuze und die Natur selbst, wie die tänzelnden Zweige und die aufziehenden Wolken zeigen.
In dieser emotional aufgeladenen, Mensch und Natur verschmelzenden Bildsprache bestehen die engsten Beziehungen zu den nur wenige Jahre später einsetzenden Tafelbildern und Zeichnungen Altdorfers; auf formaler Ebene etwa fallen Gemeinsamkeiten beim Einsatz der Weißhöhungen als graphisches Element auf. So markant sich Cranachs ungeschlachte Gestalten damit von den überlangen Kunstfigurinen aus seiner späteren Zeit unterscheiden, so sehr treten in dem Desinteresse an anatomischer Korrektheit und der trotz aller raumschaffenden Elemente doch flächigen Anlage bereits Prinzipien zutage, die sein weiteres Schaffen bestimmen sollten.
Von den wenigen aus Cranachs Wiener Jahren erhaltenen Werken scheint die Schottenkreuzigung sogar das älteste überhaupt zu sein. Dies legt ein Vergleich mit dem ebenfalls in Wien aufbewahrten Hl. Hieronymus von 1502 (GG 6739) und der signierten Hl. Familie von 1504 (Berlin) nahe, die bereits eine beruhigtere Formensprache und eine größere malerische Finesse aufweisen. Auch aus diesem Grund kam dem Gemälde bei der vieldiskutierten Frage, wo die Anfänge von Cranachs Laufbahn zu suchen seien, stets eine besondere Rolle zu. Trotz aller originellen und scheinbar unvorbereiteten Elemente lassen sich etwa Bezüge zu den um 1500 geschaffenen, epochalen Holzschnitten Dürers und zu Motiven der älteren fränkischen Tafelmalerei feststellen, wie im Falle der hoch über die Menschen ragenden Kreuze und des (freilich nicht allein dort vorkommenden) schnüffelnden Hundes. Sie machen wahrscheinlich, dass der ohnehin aus Franken gebürtige Cranach zuvor eine Weile in Nürnberg, dem wichtigsten Kunstzentrum seiner Heimatregion, tätig gewesen ist. Die teils als slawisch identifizierten Trachten der Schergen könnten darüber hinaus auf einen Aufenthalt in Krakau, der Residenzstadt der polnischen Könige, hindeuten, die zahlreiche weitere Künstler anzog.
[Guido Messling, nach: Ausst.-Kat. Fantastische Welten, Frankfurt/Wien 2014/2015, München 2014, Kat.-Nr. 33]
Titel:
Kreuzigung Christi
Zeit:
um 1500/01

Gemälde: Büßender hl. Hieronymus 1502 datiert

Hieronymus (um 347 – 420) genoss dank seiner umfassenden Bildung das besondere Vertrauen von Papst Damasus I., in dessen Auftrag er die lateinische Übersetzung der Bibel, die Vulgata, schuf. Wegen seiner Tätigkeit für den Papst figurierte der als einer der Kirchenväter verehrte Heilige fast durchweg auch als Kardinal, obgleich er diesen Rang tatsächlich nie bekleidete. Die scharlachrote Amtstracht kennzeichnet ihn üblicherweise selbst in jenen Darstellungen, auf denen er in der Einöde Buße für jene Sünden tut, die er während seiner Jahre in Rom begangen hatte. Auf Cranachs Bild hat er sich des Kardinalshutes und der Cappa scheinbar achtlos entledigt, um sich mit entblößtem Oberkörper vor einem Kruzifix kniend geißeln zu können.
Das 1502 entstandene Tafelbild ist das erste datierte Gemälde, das wir von Cranach kennen. Der Maler, der zu dieser Zeit schon etwa dreißig Jahre zählte, war damals in Wien, in den Gelehrtenkreisen um den „Erzhumanisten“ Konrad Celtis, tätig. Als Auftraggeber oder Empfänger des Bildes ist daher der Humanist Johannes Fuchsmagen, aber auch Johannes Cuspinian vorgeschlagen worden, der sich gemeinsam mit seiner Gattin Anna Putsch ebenfalls von Cranach malen ließ (heute Winterthur).
Wie die sog. Schottenkreuzigung (GG 6905) führt die Tafel exemplarisch die expressive Formensprache von Cranachs Wiener Jahren vor, an die Künstler der sogenannten „Donauschule“ wie Altdorfer in seinen frühen Werken anknüpfen sollte. Reminiszenzen an den spätgotischen Expressionismus lassen sich ebenso greifen wie der tiefe Eindruck der nur wenig älteren Holzschnitte Dürers. Auf letztere verweisen besonders die Zusammensicht von Mensch und Natur und die markante Dynamisierung oder Belebung der Bildelemente, doch geht Cranach in der Konsequenz noch über Dürer hinaus. In dem weit zum Schlag ausholenden Arm und dem Griff in den mächtigen, aus fließenden Strähnen geformten Bart findet die heftige seelische Erregung des knienden Büßers einen sprechenden Ausdruck, eine Erregung, die in den unruhig-kräuselnden Blättern oder Zweigen, vor allem aber in den wirbelnden Falten seines Gewandes ein Echo zu finden scheint.
Bei dem sich aufbauschenden Schurz des Kruzifixes wird diese Belebung der Form geradezu sprichwörtlich, denn durch sie gewinnt das Abbild Christi einen gesteigerten Realitätsgrad. Die Raubkatze, die sich der Legende nach in den Dienst des Kirchenvaters stellte, nachdem dieser sie von einem Dorn in der Pranke hatte befreien können, geht auf Dürers Kupferstich des büßenden Hieronymus zurück, in dem das Tier allerdings seinen Blick nicht auf den Betrachter richtet. Auch die sichelförmigen und flächig ausgebreiteten Astformationen finden sich letztlich in Dürers Holzschnitten der Jahre um 1500, etwa denen der Apokalypse, vorbereitet.
[Guido Messling]
Titel:
Büßender hl. Hieronymus
Zeit:
1502 datiert

Gemälde: Paradies 1530 datiert

Die einzelnen Szenen der Schöpfungsgeschichte und des Sündenfalls werden hier in lockerer Abfolge präsentiert. Das Verbot Gottes an Adam und Eva, vom Baum der Erkenntnis zu essen, erscheint im Vordergrund. Dahinter folgen von rechts nach links die Erschaffung Adams, der Sündenfall, die Erschaffung
Evas, die Entdeckung des Sündenfalls und die Vertreibung aus dem Paradies.
Titel:
Paradies
Zeit:
1530 datiert

Gemälde: Judith mit dem Haupt des Holofernes um 1530

Titel:
Judith mit dem Haupt des Holofernes
Zeit:
um 1530

Gemälde: Marter der zehntausend Christen 1508 datiert

Im Jahr 1507 bestellte der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise bei Dürer ein Tafelbild mit der Marter der Zehntausend Christen, das für die Schlosskirche seiner Residenzstadt Wittenberg bestimmt war. Das Thema des 1508 vollendeten Gemäldes zeigt sich anscheinend von der vom Kurfürsten zusammengetragenen Riesensammlung von Reliquien in dieser Kirche beeinflusst, unter denen sich auch solche der Zehntausend Christen, ihres Anführers Achatius und des Bischofs Hermolaus befanden. Dieser Bischof, der als Täufer der Zehntausend galt, ist im Mittelgrund links dargestellt, wo zwei Orientalen auf ihn einreden. Hier wie auch anderswo im Bild lässt Dürer die Feinde der Zehntausend Christen in orientalischen Kostümen auftreten, womit es (wie zahllose andere religiöse Werke der Zeit) zugleich das Empfinden einer Bedrohung der Christenheit durch die in Südosteuropa vorrückenden Osmanen spiegelt. Das Thema der Marter der Zehntausend bot sich in dieser Hinsicht als Exempel der Glaubensgewissheit und Opferbereitschaft der Christen geradezu an: So berichtet die mittelalterliche Legende, wie der römische Kaiser Hadrian den heidnischen Fürsten Achatius angeworben habe, mit seinem neuntausend Männer umfassenden Heer gegen Aufständische vorzugehen. Engel versprachen ihnen den Sieg, und als dieser errungen war, trat Achatius samt seinen Soldaten zum Christentum über, wobei sich ihnen noch eintausend von Hadrians Gefolgsmännern anschlossen. Daraufhin wurden sie von Hadrian, nachdem er sich der Unterstützung weiterer Herrscher wie des persischen Königs Sapor versichert hatte, zum Tode verurteilt, doch ertrugen sie standhaft die grauenhaften Martyrien, wie es das Gemälde plastisch schildert. Dürer hat sich auf dem Gemälde selbst im Mittelgrund dargestellt, in Begleitung des erst 1508 verstorbenen Humanisten Konrad Celtis. Indem der Künstler uns anblickt, während sein Freund auf die Gruppe mit Bischof Hermolaus weist, wird der Appell an die christliche Standhaftigkeit dem Betrachter auch explizit vermittelt.
Auf einem themengleichen Holzschnitt von 1497/98 hatte Dürer den Kaiser noch als abendländischen Herrscher gezeigt, neben dem ein Osmane als persischer König Sapor erscheint. Auf dem Gemälde dagegen reitet Hadrian als orientalischer Fürst mit einem gewaltigen osmanischen Turban daher und führt in der Rechten einen Streitkolben östlichen Typs mit sich. Abgesehen noch von einem der bereits erwähnten Gesprächspartner des Hermolaus erinnern die sonstigen Orientalen zumeist jedoch primär an die in Ägypten residierenden Mamluken. Solche mamlukischen Kostümelemente halten bei Dürer bezeichnenderweise erst nach seiner Rückkehr von seinem zweiten Aufenthalt in Venedig 1505/07 Einzug in sein Werk. In der Lagunenstadt hatte sich Dürer offenbar von den nur wenig älteren Historienbildern Vittore Carpaccios und Gentile Bellinis inspirieren lassen, in denen ab etwa 1500 erstmalig mamlukische Trachtenmotive neben solchen osmanischen Ursprungs vorkommen.
Guido Messling [29.9.2017]
Titel:
Marter der zehntausend Christen
Zeit:
1508 datiert

Gemälde: Allerheiligenbild ("Landauer Altar") 1511 datiert

Titel:
Allerheiligenbild ("Landauer Altar")
Zeit:
1511 datiert

Gemälde: Maria mit Kind 1512 datiert

Titel:
Maria mit Kind
Zeit:
1512 datiert

Gemälde: Kaiser Maximilian I. 1519 datiert

Titel:
Kaiser Maximilian I.
Zeit:
1519 datiert

Gemälde: Der Maler Hans Burgkmair d.Ä. und seine Frau Anna, geb. Allerlay 1529 datiert

Beide schauen nicht in den Konvexspiegel, sondern blicken direkt auf den Betrachter, für den die Mahnung an den bevorstehenden Tod ebenso gilt und der in der Aufschrift „Erken dich selbs“ auf dem Spiegel zum Ausdruck kommt. Die Inschrift rechts oben: „Solche Gestalt vnser baider was, im Spiegel aber nix dan das“ deutet an, dass die beiden gefaßt dem Tod entgegensehen.
Hans Burgkmair (1473-1531) zählte zu den führenden Renaissance-Malern in Augsburg; Furtenagel könnte bei ihm in die Lehre gegangen sein. Möglicherweise geht das Wiener Doppelbildnis, das lange Burgkmair selbst zugeschrieben war, auf ein verlorenes Urbild dieses Künstlers zurück. Eine Radierung von 1766 zumindest weist eine zweite Fassung im Besitz des Augsburgers Georg Christoph Kilian nach, während das Wiener Gemälde bereits 1685 in Prag fassbar wird.
Titel:
Der Maler Hans Burgkmair d.Ä. und seine Frau Anna, geb. Allerlay
Zeit:
1529 datiert

Gemälde: Jane Seymour (um 1509-1537) um 1536/1537

Keine zwei Jahre waren der um 1508/09 geborenen Jane Seymour vergönnt, als Herrscherin an der Seite des englischen Königs Heinrich VIII. (1491 – 1547) zu leben. Zwischen der Vermählung des Paars Ende Mai 1536, dem wenige Tage später Janes Proklamierung zur Königin folgte, und dem frühen Tod der noch keine dreißig Jahre zählenden im Oktober 1537 scheint auch dieses Bildnis entstanden zu sein. Vor der Heirat mit Heinrich hatte die Dargestellte als Hofdame ihren beiden Vorgängerinnen gedient, Katharina von Aragon und Anne Boleyn, die jedoch keine Söhne zur Welt gebracht hatten. Sie verloren daher nacheinander die Gunst des um seine Nachfolge besorgten Monarchen, Anne dabei sogar ihren Kopf, denn sie wurde nur einen Tag vor Heinrichs Vermählung mit Jane enthauptet. Erst Jane schenkte am 12. Oktober 1537 ihrem Gatten mit dem späteren Eduard VI. den langersehnten Thronfolger, um nur wenige Tage später an Kindbettfieber zu sterben.
Von diesem menschlichen Drama ist in dem repräsentativen und kühl-registrierenden Wiener Porträt, dem Holbein eine maßstabsgleiche, mit schwarzen und farbigen Kreiden ausgeführte Vorzeichnung (Windsor Castle) zugrunde legte, nichts zu spüren. Das Gemälde nimmt zunächst durch die brillant geschilderten Oberflächen der kostbaren Stoffe, Perlen und Juwelen gefangen, die den hohen Rang der Dargestellten zur Schau stellen, während diese selbst nahezu regungslos verharrt. Damit hält das Bildnis den Betrachter genauso auf Distanz wie durch die leichte Drehung Janes nach links, der ihr verhangener Blick folgt. Das Gemälde, das Holbein wohl im Auftrag des Königs geschaffen hat, könnte ein Gegenstück mit dessen Konterfei gehabt haben. Auf die erwähnte Vorzeichnung in Windsor geht unmittelbar auch eine verkleinerte Werkstattfassung in Den Haag zurück, während ein 2016 von der National Portrait Gallery in London erworbenes unvollendetes Porträt wohl eine frühe Kopie nach dem Wiener Gemälde darstellt. In fast identischer Haltung, doch als Ganzfigur und mit geringfügigen Änderungen in der Kostümierung und den Schmuckstücken erschien die Königin auch auf Holbeins heute verlorenem Wandbild mit der Darstellung der Tudor-Dynastie im Whitehall Palace London, das nur in einer barocken Kopie überliefert ist. Auf all diesen Bildern trägt Seymour eine sogenannte Englische Haube, im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Anne Boleyn, die die modernere runde Französische Haube bevorzugte.
Holbeins malerisches Schaustück höfischer Pracht beschwört wie kaum ein anderes seiner Gemälde die Epoche Heinrichs VIII. herauf, der heute mehr durch seine insgesamt sechs Heiraten als durch seine historisch folgenreiche Loslösung der anglikanischen Kirche vom Papsttum bekannt ist. Es zählt darüber hinaus zu den wichtigsten Werken, die sich vom zweiten Aufenthalt des Künstlers in England erhalten haben. Bereits 1526 hatte Holbein die Insel besucht, doch kehrte er noch im selben Jahr nach Basel zurück, wo der aus einer Augsburger Künstlerfamilie stammende Maler seit 1515 ansässig war. Endgültig siedelte Holbein im Jahr 1532 nach England über, als das im Zuge der Reformation zunehmend bilderfeindlich gesinnte Basel dem Maler keine Wirkungsstätte mehr bot. In seiner neuen Heimat stieg er schnell zum bevorzugten Porträtisten der Hofgesellschaft auf und schuf bis zu seinem Tod 1543 einige Gipfelleistungen des europäischen Renaissanceporträts, die auf die englische Kunst nachhaltig wirkten. Mit seinen in England entstandenen Bildnissen steht Holbein d. J. zugleich noch in der Tradition seines Vaters, des fast ebenso berühmten Hans Holbein d. Ä.
Guido Messling [7.1.2018]
Titel:
Jane Seymour (um 1509-1537)
Zeit:
um 1536/1537

Gemälde: Bildnis eines jungen Kaufmannes 1541 datiert

Holbein schuf einen neuen Bildnisstil, der sich durch Monumentalität gepaart mit äußerster malerischer Präzision auszeichnet. Der junge Kaufmann wendet sich mit einer leichten Drehung direkt an den Betrachter. Besonders ausdrucksvoll sind die Physiognomie und das Spiel der Hände, die sich mit wenigen, dem Beruf des Dargestellten entsprechenden Gegenständen beschäftigen.
Titel:
Bildnis eines jungen Kaufmannes
Zeit:
1541 datiert

Gemälde: Kreuzerhöhung Christi um 1522

Das Tafelbild bekrönte nach Ausweis seines spitzbogigen Abschlusses ursprünglich wohl den Schrein eines Flügelaltarretabels, der die sich unmittelbar anschließende Kreuzigung selbst gezeigt haben wird. Zwei heute in München befindliche Passionstafeln mit Christus am Ölberg und der Gefangennahme Christi dürften zum selben Retabel gehört und einst das oberste Register der Flügelaußenseiten gebildet haben, wobei die Ölbergszene auf dem linken, die Gefangennahme auf dem rechten Flügel unterkam: Beide sind zwar, um sie dem galerietauglicheren Rechteckformat anzupassen, an den Außenseiten und vor allem oben beschnitten worden, doch finden sich in den angestückten äußeren oberen Ecken noch Reste eines ursprünglich bogenförmig verlaufenden Randes. Damit kann für beide Szenen ein segmentförmiger Bogenabschluss rekonstruiert werden, durch den sie nebeneinander stehend die Wiener Kreuzaufrichtung wohl exakt bedeckt haben dürften. Die Rückseiten der Münchner Bilder tragen noch Reste von Flachreliefs, die mit dem Meister IP bzw. seiner Werkstatt zusammengebracht worden sind; wegen dieser plastischen Bearbeitung fand für sie wohl auch das von Bildschnitzern bevorzugte Lindenholz Verwendung, während die Wiener Tafel auf Fichtenholz gemalt wurde.
Das Retabel von einst beträchtlicher Größe war möglicherweise für Hubers Dienstherrn Herzog Ernst von Bayern, seit 1517 Administrator des Fürstbistums Passau, bestimmt. Darauf deutet die Herkunft der Münchner Tafeln aus der bischöflichen Residenz Passau und vielleicht auch die der Wiener Kreuzaufrichtung aus der berühmten Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms, des späteren Statthalters der Niederlande, der seit 1625 als Bischof von Passau residierte. Auf einen prestigeträchtigen Auftrag weist ferner der enorme Aufwand hin, den der Künstler bei der Ausgestaltung des dramatischen Geschehens und besonders bei der Charakterisierung der zahllosen Protagonisten betrieb.
Offenbar zur Vorbereitung schuf Huber eine Folge gezeichneter Köpfe, die fast alle die Jahreszahl 1522 tragen und damit einen Anhaltspunkt für die Datierung des Retabels liefern. Von ihnen floss etwa eine in Berlin befindliche Zeichnung eines Barettträgers nicht nur in den nachdenklich wirkenden Mann ganz rechts auf der Kreuzaufrichtung ein, der dort zwei Gefangene abführt, sondern auch in die beiden als deutlich bösartiger charakterisierten Schergen, die im Zentrum das Kreuz emporstemmen. Auch durch dramatische Verkürzungen und Überschneidungen bringt Huber den Aufruhr und die Erregung sprechend zum Ausdruck. Er hat selbst die Tiere ergriffen, die den Menschen angeglichen werden: So treten selbst bei den Pferden die kugelrunden Augen glotzend hervor, und unheimlich mutet der uns misstrauisch fixierende Hund im mittleren Vordergrund an, dessen Ausdruck sich frappant dem der beiden besprochenen Schergen annähert.
[Guido Messling, nach: Ausst.-Kat. Fantastische Welten, Frankfurt/Wien 2014/15, München 2014, Kat.-Nr. 99]
Titel:
Kreuzerhöhung Christi
Zeit:
um 1522

Gemälde: Kaiser Karl V. (1500-1558) mit seinem Englischen Wasserhund 1532 datiert

Karl V. war der älteste Sohn Philipps d. Schönen und Juanas von Kastilien. Nach dem Tod seines Großvaters Kaiser Maximilian I. vereinigt er in seiner Hand die österreichischen Länder mit Spanien, den Niederlanden, Unteritalien sowie den überseeischen Besitzungen in Amerika ("In meinem Reich geht die Sonne nie unter"). 1530 wurde er zum Kaiser gekrönt. Im August 1556 verzichtete er - ein äußerst seltener Fall - zugunsten seines Sohnes auf den spanischen Thron und zugunsten seines jüngeren Bruders Ferdinand auf die Kaiserwürde. Letzterer gab das Bild in Auftrag, als sich der Kaiser in Bologna aufhielt.
Titel:
Kaiser Karl V. (1500-1558) mit seinem Englischen Wasserhund
Zeit:
1532 datiert

Gemälde: Familie des Kaisers Maximilian I. (1459-1519) nach 1515

Das Bild entstand zur Erinnerung an die Wiener Doppelhochzeit von 1515 und die daraus resultierende Verbindung zwischen Habsburgern und jagellonischem Königshaus. Dargestellt sind Kaiser Maximilian I. und seine erste Gemahlin Maria von Burgund (sie war zur Entstehungszeit des Bildes seit mehr als dreißig Jahren tot), zwischen ihnen ihr 1506 verstorbener Sohn Philipp der Schöne; vorne die Enkel Maximilians, die späteren Kaiser Karl V. (Mitte) und Ferdinand I. (links), rechts Ludwig, der Erbe der Königreiche Ungarn und Böhmen. Zeitgleich entstand die Darstellung der Heiligen Sippe auf der ehemaligen Rückseite (heute abgespalten, Inv.-Nr. GG 6411). Die Benennungen der Dargestellten als Angehörige eines Zweiges der Heiligen Sippe, und zwar der Maria Cleophas, datiert ebenfalls schon aus dieser Zeit. 1520 befand sich diese doppelseitig bemalte Tafel vielleicht im Besitz des kaiserlichen Historiographen Johannes Cuspinian, als dieser sich und seine Familie von Strigel als dritten Zweig der Heiligen Sippe malen ließ (heute Memmingen, Museum). Der Zusammenhang von Cuspinians annähernd gleichgroßem und ähnlich konzipierten Familienbild mit der Wiener Tafel bleibt darüber hinaus unklar.
Titel:
Familie des Kaisers Maximilian I. (1459-1519)
Zeit:
nach 1515
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