Skanderbeg-Helm
und Skanderbeg-Schwert
Der Skanderbeg-Helm und das Skanderbeg-Schwert zählen zu den prominentesten Werken der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien. Helm und Schwert werden seit dem Ende des 16. Jahrhunderts mit Georg Kastriota, genannt Skanderbeg (1405–1468), in Verbindung gebracht. Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich um diese Objekte eine Reihe von Mythen entwickelt. Auf dieser Seite werden die wesentlichen Informationen zu diesen Stücken in leicht zugänglicher Form präsentiert.
Der Skanderbeg-Helm
Der Helm ist ein Fragment einer italienischen Schaller des späten 15. Jahrhunderts. Um den Helm ist ein Band aus Kupfer gelegt, das die spätgotische Inschrift »Inperatorebt« trägt. Die Inschrift wird unterteilt durch sechs Blütenrosetten.
„Inperator“ (auch „Imperator“) ist ein Ehrentitel, der sich vom lateinischen imperare (beherrschen, befehlen) herleitet. Er fand im Mittelalter vor allem in Bezug auf Kaiser und Könige Verwendung.
Ein Ziegenkopf aus vergoldetem Kupferblech ist dem Helm als Zimier (Helmzier) aufgesetzt. Die Augen der Ziege waren einst wohl mit Einlagen aus farbigem Glas oder Stein versehen.
Das Skanderbeg-Schwert
Das Schwert dürfte eine islamische Arbeit des 15. Jahrhunderts sein. Die breite Klinge ist zweischneidig und am Ende abgerundet. Auf der Vorderseite findet sich am Ansatz der Klinge goldtauschiertes Laubornament mit einem Medaillon. Dieses Medaillon zeigt Liniendekor, der die Form arabischer Schriftzeichen imitiert.
Der Griff dürfte eine Ergänzung des 16. Jahrhunderts sein. Die Schwertscheide besteht aus Fischhaut und zeigt gepressten Liniendekor. Auf ihr findet sich in roter Farbe die Aufschrift „Scänderwech“.
Skanderbegs Bekanntheit in der Renaissance
Georg Kastriota, genannt Skanderbeg, führte Mitte des 15. Jahrhunderts im Hochland um Kruja (Albanien) erfolgreich den christlichen Widerstand gegen die Angriffe des osmanischen Reiches an.
Für seine Erfolge im Kampf gegen den militärisch übermächtigen Sultan erwarb er schon zu Lebzeiten europaweit Ruhm und Anerkennung. Nach seinem Tod fanden seine Taten in Biografien und Porträts weiterhin großen Nachhall.
Diese Bekanntheit führte im späten 16. Jahrhundert auch zur Aufnahme der Person Skanderbegs in die sogenannte Heldenrüstkammer auf Schloss Ambras bei Innsbruck.
Erzherzog Ferdinand II. von Österreich (1529–1595), der Bruder Kaiser Maximilians II. (1527–1576), verwahrte hier eine große Zahl an Harnischen und Waffen, die aus dem Besitz berühmter Herrscher und Feldherren seiner und vergangener Zeit stammten, sowie Werke, die man zu seiner Zeit diesen Personen zuschrieb.
Die Skanderbeg-Objekte auf Schloss Ambras
Helm und Schwert sind archivalisch erstmals im Jahr 1593 nachweisbar. Sie werden in einem damals verfassten Inventar der Sammlung Ferdinands II. auf Schloss Ambras bei Innsbruck erwähnt: »Georg Skanderbeg, Helm und zwei Schwerter«. Das zweite hier erwähnte Schwert ist nicht mehr erhalten.
Wenige Jahre später, 1596, werden die Stücke im Nachlassinventar des Erzherzogs näher beschrieben: „Georg Skanderbeg, ein blank polierter Helm mit einem vergoldeten Reifen, darauf ein Ziegenkopf mit seinen Hörnern, und zwei Schwerter: das eine in einer ledernen Scheide, das aufgrund seiner Schwere und des daran noch sichtbaren Blutes als das echte gehalten wird; das andere in einer samtenen Scheide, das man ebenso unter Skanderbegs Namen verehrt hat.“*
Welches der zwei hier beschriebenen Schwerter mit dem heute erhaltenen gleichzusetzen ist, ist unklar. Auf dem Schwert Inv.-Nr. A 550 finden sich keine der in diesem historischen Inventareintrag erwähnten Blutspuren.
Die erste bildliche Darstellung des Helms und des erhaltenen Schwerts findet sich in einem Porträt Skanderbegs im illustrierten Katalog der Ambraser Harnischsammlung von 1601, dem sogenannten Armamentarium Heroicum. In diesem Porträt hält Skanderbeg das Schwert in der Hand. Der Helm ist vor ihm auf dem Boden abgelegt.
Ein weiteres Bildnis Skanderbegs (ohne Helm und Schwert) war auf Ambras Teil der Porträtgalerie Ferdinands II. Diese umfasste mehrere hundert kleinformatige Porträts berühmter Männer und Frauen der Renaissance.
1806 von Ambras nach Wien
Helm und Schwert verblieben auf Schloss Ambras vom späten 16. Jahrhundert bis zum Jahr 1806. Sie wurden damals während der Napoleonischen Kriege mit der gesamten Sammlung von Schloss Ambras nach Wien gebracht.
In Wien waren sie ab 1814 im Unteren Belvedere ausgestellt. 1889 gelangten sie als Teil der kaiserlichen Kunstsammlungen in das neugegründete Kunsthistorische Museum.
Die Ambraser Stücke vor Ambras
Zur Frage, wo Erzherzog Ferdinand diese Werke in den Jahren um 1580/90 erworben hat, gibt es eine Vielzahl an Vermutungen. Doch zu einer Herkunft dieser Stücke etwa aus dem Besitz des Herzogs von Urbino oder der Familie Sforza haben sich keinerlei Quellen erhalten. Auch die Mutmaßungen zum Verbleib von Helm und Schwert in früherer Zeit – etwa ein Verkauf durch Skanderbegs Witwe – sind archivalisch nicht belegt.
Das zweite Skanderbeg-Schwert
Noch ein weiteres Werk der Wiener Sammlung wurde einst mit dem Namen Skanderbeg in Verbindung gebracht – das große Kriegsmesser (Inv.-Nr. A 145), das heute im Saal II der Hofjagd- und Rüstkammer ausgestellt ist. Es handelt sich dabei um eine süddeutsch-österreichische Arbeit der Zeit um 1490. Auf der Klinge finden sich gravierte Ranken und ein Kreuz.
Das Kriegsmesser entstammt dem alten Bestand des Wiener kaiserlichen Zeughauses, wo es im 19. Jahrhundert mit der Zuschreibung an Skanderbeg gezeigt wurde. Wie Helm und Schwert gelangte es im späteren 19. Jahrhundert in das Kunsthistorische Museum.